Was für einen Bärenmarkt typisch ist

Wir befinden uns eindeutig in einem Bärenmarkt und das nicht erst seit der S&P500 diese lächerliche und willkürliche Grenze von 20% Minus durchschlagen hat, ein Wert den irgendwann irgendjemand mal willkürlich festgelegt hat, der mit dem Charakter eines Bärenmarktes nichts zu tun hat, aber trotzdem zuverlässig für mediales Geplapper sorgt.

Ich erkläre jetzt mal den fundamentalen Unterschied, der rein gar nichts mit der Fallhöhe zu tun hat.

Eine Korrektur ist eine Unterbrechung eines bestehenden Trends, der danach seinen Pfad wieder aufnimmt. Eine Korrektur ist also immer zeitlich begrenzt, eine temporäre Unterbrechung der übergeordneten Richtung.

Typisch für Korrekturen sind daher singuläre Ereignisse, die erst einmal erschrecken, dann vollständig eingepreist werden können, worauf der Markt den alten Trend wieder aufnehmen kann.

Eine Korrektur ist also wie ein schwerer Stein der in einen ruhigen Teich geworfen wird, es gibt Wellen und Dellen, es schwappt, dann beruhigt sich der Teich wieder.

Ein Bärenmarkt ist dagegen eine grundlegende Richtungs-Änderung, eine fundamentale Entwicklung, mit der wie bei Dominosteinen die Dinge ins Rutschen kommen. Aus ersten Problemen erwachsen neue Probleme und im Gegensatz zur Korrektur, wo bald das Ereignis voll eingepreist werden kann, gebiert Schwäche immer wieder neue Schwäche, so wie Stärke umgedreht im Bullenmarkt.

Ein Bärenmarkt ist also eher wie ein Teich der plötzlich einen Abfluss bekommt, den man nicht schnell stopfen kann. In einem Bärenmarkt kann nicht schnell alles eingepreist werden, weil wie bei Dominosteinen die aktuellen Probleme wieder die Voraussetzungen für folgende Probleme schaffen und es schaukelnd immer weiter abwärts geht.

Wenn sie sich diesen fundamentalen Unterschied klar machen, der zu verstehen für uns viel wichtiger ist als Prozentsätze, dann ist auch klar dass:

  1. Ein harter 30% Einbruch aufgrund eines singulären Ereignisses, das dann innerhalb von Wochen eingepreist und hinter sich gelassen wird - wie zB ein Flash Crash - eine (scharfe) Korrektur ist und kein Bärenmarkt.
  2. Ein langsames 1,5 Jahre dauerndes Abwärtsbröseln ohne große Einbrüche, das zwar nur 18% ausmacht, aber währenddessen den Markt nie wieder zum Leben kommen lässt, ein Bärenmarkt ist.

Wenn wir uns das als sinnvolle Definition so klarmachen, dann war:

  • Der Covid Crash 2020 eine Korrektur. Zwar mit 30% sehr scharf, aber trotzdem nur eine kurze Korrektur, weil das singuläre Ereignis schon nach wenigen Wochen eingepreist werden konnte.
  • Der Short-Vola Crash 2018 eine Korrektur.
  • Der Powell-Absturz im Q4 2018, der dann durch Powells Kehrtwende an Heiligabend beendet wurde, ein Bärenmarkt! Ein kurzer Bärenmarkt über nur 3 Monate, aber wie Dominosteine kippte der Markt und riss immer mehr mit sich mit, weil die Sorgen nicht weggingen, bis Powell die Notbremse zog.
  • Der ETF Flash Crash 2015 eine Korrektur, ebenso wie Anfang 2016
  • Lehman 2007-2009 ein Bärenmarkt aus dem Lehrbuch, es kippten Dominosteine.
  • Die Internet-Blase 2000-2003 ein Bärenmarkt, es kippten auch Dominosteine bis alle umgefallen waren.

So, wenn wir uns darüber einig sind, kommen wir zur Gegenwart. Was haben wir denn da?

Da haben wir zum Beispiel dieses Chart des NASDAQ100, in dem ich die aufeinander folgenden Abwärtsphasen und eine mögliche Fortsetzung hervorgehoben habe:

Und wir hatten einen Ablauf wie folgt:

Erstens hatten wir zunächst einfach eine zum Jahresende 2021 absehbare Korrektur im Stile 2016, weil die Charts insbesondere bei Big Tech sichtbare Distribution zeigten und die FED eine Zinswende angekündigt hatte, die auf der inflationären Entwicklung durch die Pandemie beruhte.

Das war noch einfach und gut antizipierbar, wäre es dabei geblieben, wäre es wohl auch bei einer 2016er Analogie geblieben und die Korrektur wäre schon vorbei.

Zweitens kam dann aber der Angriff Russlands auf die Ukraine am 24.02. der viele überrascht hat. Der Krieg selber ist gar kein so großes Problem für die Märkte, da Russland und Ukraine abseits von Rohstoffen für die Weltmärkte eher irrelevant sind.

Aber die inflationären Effekte werden durch die Rohstoffe immens verstärkt und das ist ein Problem, weil es die Rezessionsgefahren erhöht, während den Notenbanken aber durch die Inflation die Hände gebunden sind.

Drittens kam dann auch noch das idiotische Corona-Management Chinas hinzu, das mutwillig die Lieferketten beschädigt und China selber an den Rand einer Krise bringt. Und das alles nur damit der "neue Mao" mit Namen Xi lächerlicherweise sein Gesicht wahren und sich gegen die bisherigen Regeln zum dritten Mal wählen lassen kann.

Viertens lösten die mit den beiden vorherigen Punkten kommenden Verschärfungen der Inflation große Rezessionssorgen aus, denn die FED ist nun "between a rock and a hard place", was auf gut Deutsch bedeutet, dass sie sich nur noch zwischen zwei schlechten Wegen entscheiden kann.

Und noch schlimmer Fünftens, ist es damit immer noch nicht vorbei, denn das Geschehen lässt nun eine weitere Eurokrise ihr Haupt erheben, bei der die EZB "dank" ihrer Missachtung ihres Mandats nun mit heruntergelassenen Hosen bzw Röcken dasteht.

Das alles, die Abfolge von Dominosteinen die noch nicht am Ende angekommen ist und das dazugehörige Chart mit immer niedrigeren Tiefs und einem Abwärtstrend, sind das untrügliche Zeichen eines Bärenmarktes. Punkt, kein Aber.

Weswegen wir im Premium-Bereich schon seit März von einem Bärenmarkt sprechen und uns auch so verhalten haben - dass es zum dem Zeitpunkt noch keine 20% Minus waren, ist völlig irrelevant - Papperlapapp!

Ein Bärenmarkt zeigt aber auch bei Otto Normalanleger ganz typische Zeichen, die man medial und in den sozialen Netzen derzeit auch beobachten kann.

  • Das Anlegerinteresse an Aktien sinkt, denn Otto Normalanleger ist *immer* zu spät dran und macht *immer* den gleichen prozyklischen Fehler. Er ist dann gierig (Anfang 2021 - Stonks only go up) wenn die Kurse schon viel zu hoch gestiegen sind und schaut dann frustriert weg, wenn es wie jetzt vielleicht schon bald richtig interessant werden wird.
  • Die Psychologie drängt Anleger "wegzuschauen" und den Markt zu ígnorieren, weil sie den Schmerz ihrer Verlustpositionen anders nicht ertragen können. Man merkt das an geringerer Bewegung auf Twitter und generell weniger Interesse an Börseninformationen.
  • Gerne werden dann auch Verlust-Positionen zu "Investments" umgewidmet, mit dem hohlen Satz "ich bin ein langfristiger Anleger" kann man ja jeden Blödsinn vor sicher selber rechtfertigen. Und das passiert alles nur, damit man sich nur ja nicht den eigenen Fehlern stellen muss, es könnte ja das Ego ankratzen. Telekom 2000 anyone? 😛
  • Auf der anderen Seite gibt es aber auch die "Zappeligen", die bei jedem kleinen Bounce der halt ganz natürlich zu einem Abwärtstrend gehört, sofort gleich FOMO (Fear of missing Out) bekommen und sich jedesmal eine blutige Nase holen, wenn der Trend wieder abwärts dreht.
  • Die großen "Lautsprecher" mit den hohlen Selbstgewissheiten werden in den sozialen Medien weniger, was gestern noch eine "gut durchanalysierte Aktie" war für die man kein Risikomanagement braucht, wird plötzlich peinlich berührt totgeschwiegen. Stonks only go up ... yo. 😉
  • Dafür haben die Jünger Nostradamus Oberwasser, der Weltuntergang ist immer gleich um die nächste Ecke, wenn man denen folgt.

All das gehört zu einem schönen Bärenmarkt dazu, an dessen Ende es dann typischerweise ganz still und ruhig wird, wie der Nebel der nach der Schlacht über ein Schlachtfeld zieht, auf dem man noch hier und da das Stöhnen der Verletzten hören kann.

So war das auch im März 2009 und genau da existierten die größten Chancen und musste man hellwach sein.

Genau da hatten viele aber mit Aktien abgeschlossen und haben Jahre gebraucht, viele bis nach 2016, bis sie dann langsam wieder Zutrauen zum Markt fanden und sich aus den Fängen des Nostradamus-Gebrabbel lösen konnten.

Denn wir Menschen lesen und hören gerne Selbstbestätigung (Confirmation Bias), weswegen wir uns selbstverschuldet in ein prozyklisches Verhalten zwingen und an den Märkten in der Regel zu spät dran sind. Weswegen übrigens auch Mr. Market nie einen Massenerfolg haben kann, denn ich halte uns gerne den Spiegel vor und der ist nicht immer besondes schön anzuschauen, das Ego könnte Kratzer bekommen. 😉

Wer mit einem Bärenmarkt erfolgreich umgehen will, muss dagegen:

  1. Ein funktionierendes Risikomanagement besitzen, das ihn rechtzeitig zu guten Teilen auf die Seitenlinie gebracht hat.
  2. Generell eine eingespielte und konsequente Strategie besitzen, die in so Phasen wie Korsettstangen für die Psyche wirkt.
  3. Ruhig und passiv den Abwärtstrend verfolgen und sich nicht in jeden Snapper gleich hektisch hereinziehen lassen - immer den übergeordneten Trend im Auge.
  4. Trotzdem wach und aufmerksam bleiben um einen März 2009 erkennen zu können und einen echten Trendwechsel dann auch ausnutzen zu können, statt frustriert noch jahrelang weiterzuschlafen.

Genau das haben wir getan und viele Mitglieder stehen nun mit hohem Cash-Bestand in Wartestellung auf den Moment wenn der Trend wieder dreht, voller Vorfreude dass sie die sich daraus ergebenden riesigen Chancen mit beiden Händen nutzen werden können.

Ob das schon nächste Woche oder erst Monate später sein wird wissen wir nicht, der Markt wird es uns mit seinen Strukturen zeigen. Wir freuen uns aber schon jetzt auf das Gefühl in einem Süsswarenladen zu sein und gar nicht zu wissen wo man anfangen soll um sich die Süssigkeiten in den Mund zu stopfen. 😉

Man könnte also auch sagen, Anleger die mit einem Bärenmarkt umgehen können erkennt man daran, dass sie an dessen Ende optimistisch und voller guter Stimmung sind - so wie alle die voll von der Post-Lehman-Rally ab 2009 profitieren konnten.

Wer sich dagegen der Realität verweigert und auf ein Risikomanagement verzichtet hat, hat einen Rucksack voller Verluste, deswegen psychologischen Druck und deswegen weder Stimmung noch Kapital, um mit beiden Händen in den neuen Morgen hinein zugreifen zu können.

Und so beginnt dann wieder ein neuer Zyklus, in dem Otto Normalanleger wieder zu spät einsteigt und wieder die -> gleichen Fehler <- macht wie schon immer.

Scheinbar muss das so sein, aber nicht für die Mitglieder bei Mr. Market, denn die dürfen sich zeitnah immer meine Predigten zur Lage anhören. 😛

Ihr Michael Schulte (Hari)

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1 Gedanke zu „Was für einen Bärenmarkt typisch ist“

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