Der neue Tech-Bullenmarkt und was wir von den 90er Jahren lernen können

Die Mitglieder wissen es von mir schon länger. Während die fundamentalen Auguren der Neuzeit noch mediale Rezessionssorgen verbreiten, die der Markt schon weitgehend eingepreist hat und während das politische Kasperletheater um das US Debt Limit noch Unsicherheit verbreitet, spricht einiges dafür, dass im Tech-Sektor schon ein neuer Bullenmarkt im Gange ist.

Ja, ein neuer Bullenmarkt, ich meine was ich sage. Der Bärenmarkt in Tech hat auch nicht erst Anfang 2022 begonnen, sondern schon im Frühjahr 2021, wo viele der kleineren Hype-Aktien schon ihre Abwärtsfahrt begannen, während die Schwergewichte bis Ende 2022 die Indizes noch zusammengehalten haben.

Technisch gesehen, hatte dieser Bärenmarkt seinen Tiefpunkt wohl am 13.10.22, einem Datum das wir schon kurz danach in seiner Bedeutung erkannt haben. Aber nur weil ein Bärenmarkt endet, ist kein neuer Bullenmarkt da, sondern nur ein Interregnum, eine Übergangsphase.

Aber das "Spiel auf dem Platz" sendet eindeutige Signale, weswegen ein derartiger, weiterer Verlauf in 2023 prinzipiell gute Chancen besitzt.

Keine Sicherheit, Sicherheit gibt es am Markt nie und vielleicht haben wir Pech und morgen bricht irgendwo ein Atomkrieg aus und alles ist anders. Aber auf Basis des heute vorhandenen Wissens hat das gute Chancen, die Price-Action deutet klar in diese Richtung:

Ein neuer Bullenmarkt, der Jahre tragen soll, ist aber mehr als ein Rebound und braucht immer einen Katalysator, ein Thema, an dem man erhebliche Produktivitätssteigerungen festmachen kann.

Denn letztlich kommt ein Bullenmarkt ja nicht aus dem Nichts, es beruht immer auf Erwartungen an die Zukunft, Erwartungen dass Unternehmen in der Zukunft erhebliche Umsatzsteigerungen haben, die Produktivität steigt und mit ihr die Gewinne.

In den 90er Jahren, im Hochlauf zur berühmtem Dotcom-Blase des Jahres 2000, war das die disruptive Wirkung des Internets und nun mehr als 20 Jahre später, wissen wir ja, dass diese Erwartungen absolut berechtigt waren.

Aber mitten im Getümmel weiss man eben nicht, welches Unternehmen wirklich den Durchbruch schafft und welches auf der Strecke bleibt, weswegen es ganz normal ist, dass es in solchen Phasen auch massive Übertreibungen gibt und Erfolg näher zu liegen scheint, als er dann tatsächlich ist.

Dass sich am Ende Namen wie Apple, Alphabet, Microsoft, Amazon oder Facebook durchsetzen würden, war in den 90er Jahren keineswegs klar. Eigentlich hatte nur Microsoft damals schon den Status eines Riesen, alle anderen waren noch gar nicht existent oder kämpften wie Apple noch um ihr Überleben.

Damals war es also das Internet, das die Phantasie anregte, heute ist es das Thema der Künstlichen Intelligenz (KI/AI). Und das hat durchaus das Potential einen jahrelangen Bullenmarkt anzutreiben, weil es wirklich zu grundlegenden Verwerfungen und am Ende zu erheblichen Produktivitätssteigerungen führen wird.

Jetzt kann man zurecht schon heute argumentieren, dass die Namensgebung im Sinne von "künstlicher Intelligenz" ein bischen Marketing ist und mehr vorschützt, als da vorhanden ist. Eigentlich sind das doch nur Lernautomaten, die in klar umgrenzten Aufgabenbereichen halt schnellere Ergebnisse als ein Mensch produzieren, diese Algorithmen simulieren also eher Intelligenz, als dass sie es wirklich sind.

Das stimmt, ist aber eine rein akademische Diskussion die spannend ist, weil es um die Frage geht was "Intelligenz" überhaupt ist und ob man das überhaupt vom Konzept des freien Willens trennen kann.

Nur für die an der Börse relevante Produktivitätsfrage, sind diese Label doch völlig irrelevant. Entscheidend ist da nur, ob das die Produktivität steigert, Arbeitsplätze unnötig macht und neue Geschäftsmodelle ermöglicht und das ist unabhängig davon, wie man die Technik nun nennt.

Wer die Erinnerung an die Dotcom-Blase hat, wird dann auch ganz schnell skeptisch sein im Sinne, dass das doch heute alles Übertreibungen seien. Und da ist etwas Wahres daran, am Ende wird so eine Phantasie zu Übertreibungen führen, das wird auch für die AI-Phantasie gelten, das ist fast zwangsläufig!

Der Fehler, den viele dann machen ist aber, den Zeithorizont zu unterschätzen und da hilft es schon, mal zurück in die 90er Jahre zu schauen.

Denn was im Juni 1994 begann, dauerte 5 Jahre bis in den März 2000 und jeder der sich zu früh für klüger hielt und meinte, dass das eine Übertreibung sei, wurde dafür schwer bestraft:

Und noch schlimmer, trotz des brutalen Absturzes ab dem Jahr 2000, an den sich jeder erinnert, erinnern sich aber die Wenigsten daran, dass es trotzdem nur bis auf die Niveaus von 1997 herabging, bis dann in 2002 der Tiefpunkt erreicht war.

Was also hatte jemand davon, der schon im Jahr 1995 klüger als der Markt sein wollte und die ganze Hoffung die in AOL, Yahoo und Netscape wanderte, als "Blase" brandmarkte? Nichts, nur den Verlust von Chancen.

Denn gerade die ersten Phasen eines neuen Bullenmarktes sind die "sichersten", bis es dann wirklich zu einer Übertreibung kommt, dauert es etwas.

Und klar, niemand weiss, ob so eine Phase nun noch einmal 5 Jahre andauert, vielleicht sind es jetzt nur 2 Jahre, bevor uns dann übertriebene Erwartungen um die Ohren fliegen, aber das ändert nichts am Prinzip.

Als kluger Anleger, geht man mit solchen Phantasien daher auch nicht mit fundamentalen Weissagungen um, das machen nur Verlierer, denen ihr Ego wichtiger ist, als der Stand des Depots.

Da solche Bewegungen prinzipiell eine unvorhersehbare Dauer haben, geht man damit mit den Prinzipien der Trendfolge um, man bleibt prinzipiell solange engagiert, bis der große Trend bricht und dann steigt man aus und schaut nicht mehr zurück, auch im Jahr 2.000 war das der Weg zum Erfolg.

Schauen wir doch mal aktuell auf Nvidia (NVDA) die gestern -> sensationelle Zahlen <- abgeliefert haben und insofern ein ideales Beispiel sind, weil sich in der Aktie ein zyklischer Aufschwung im Chipsektor mit der AI-Phantasie verbindet.

Hier ist das Langfristchart und nun sagen sie mir mal, warum das nicht prinzipiell wieder so einen Verlauf nehmen kann?

Erneut, hier im freien Bereich ganz wichtig, wo viele mitlesen, denen noch von der permanenten "Prognosiritis" im Finanzmarkt die Gedanken vernebelt werden - einer ansteckenden Krankheit, die alle befällt, die klüger als der Markt sein wollen. Das ist *keine* Prognose, niemand kennt die Zukunft, auch ich nicht! Wer versucht, mit Prognosen Markttiming zu betreiben, wird zuverlässig scheitern! Deutlicher kann ich nicht sein.

Das ist aber unter Berücksichtigung der heute bekannten Fakten ein sehr realistisches Szenario, genau dann eben, wenn jetzt ein neuer Bullenmarkt in Gang gekommen ist - wofür Einiges spricht.

Und so einem Szenario begegnet man dann mit den Prinzipien der Trendfolge, solange diese Interpretation weiter Bestand hat bleibt man investiert und wenn der Langfristtrend bricht, wie bei Nvidia zuletzt ab November 2021, dann tritt man eben ohne Reue auf die Seite.

Das aber nur als Beispiel, wie man auch zwischen 1995 und 2000 jede Menge Geld machen konnte, völlig unabhängig davon, ob das später eine Blase war oder nicht.

Die Botschaft die ich ihnen vor Pfingsten mitgeben will, besteht also aus drei Teilen:

Erstens, die Chance dass Tech schon in einem neuen Bullenmarkt ist, der unter anderem von der AI-Phantasie getrieben wird, ist nicht klein!

Zweitens, unterschätzen sie nicht die Dauer, die solche Bewegungen haben können. Auch wenn etwas am Ende in der Übertreibung endet, kann es vorher doch länger, höher und weiter andauern, als sich fast alle vorstellen können!

Drittens, sie müssen auch gar nicht wissen, wann so eine Bewegung endet und wann der Punkt der maximalen Übertreibung gekommen ist. Der Trend wird es ihnen zeigen, wenn sie gelernt haben ihm zu folgen, statt sich permanent in Prognosen zu ergehen, die nur ihr eigenen Ego befriedigen, aber nicht das Depot füllen.

Ihnen wünsche ich nun schöne Pfingsten, der Blog geht nun in 2 Wochen Pfingstferien.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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