Der Paradigma-Wechsel oder warum auch ein „Burggraben“ wertlos werden kann

Diesen Artikel habe ich im Premium-Bereich vor einem Jahr, im September 2019 geschrieben. Er ist aber unverändert gültig, nein noch viel mehr, die Covid-Krise hat die Wahrheit so richtig offenbar gemacht.

Damals vor einem Jahr, zum Jubiläum von Windows 1995, wurde ich daran erinnert, wie idiotisch - es gibt kein anderes Wort dafür - die IBM in den 90ern mit ihren riesigen Chancen umgegangen ist:

Erinnern wir uns, IBM beherrschte noch in den frühen 80er Jahren die Computerwelt mit seinen Großrechnern. Ich erinnere mich an Wirtschaftsmagazine mit Covern, die fragten, ob IBM bald die ganze Welt beherrschen würde.

Gleichzeitig gab ein "kleines Würstchen" namens Steve Jobs damals zum Besten, dass IBM "arrogant und kurzsichtig" sei und bald "gedemütigt" würde. Wahre, prophetische Worte, die aber 10 Jahre brauchten, bis das Ergebnis so richtig durchschlagend zu sehen war.

Wir alle kennen die Geschichte, wie IBM Anfang der 80er Jahre eben genau "arrogant und kurzsichtig" das "Bröselgeschäft" mit den kleinen Computern so unbekannten Firmen wie Intel und Microsoft überlassen hat, ja sogar denen geholfen, auf die Beine zu kommen.

Aber große, zu erfolgreiche Organisationen machen eben solche Fehler, das ist aber kein Grund für das, was dann 10 Jahre später wieder in Sachen Windows passiert ist und das soll hier Thema sein. Und auch, was das generell für uns bedeutet.

Denn zu dieser Zeit war IBM 1994 in seiner schwersten Krise und nicht weit vom Exitus entfernt, den Lou Gerstner mit einer radikalen Kehrtwendung abwenden konnte. Gleichzeitig war der Stern von Microsoft schon steigend und mit Windows 3.0 bzw 3.1 gab es eine Klick-Oberfläche für DOS, die sich zunehmender Beliebtheit erfreute, technisch gesehen aber ein ziemliches Stückwerk war.

IBM sollte seinen Fehler von Anfang der 80er also nun grundlegend verstanden haben und hatte eine gewaltige Chance vor sich. Denn DOS und damit auch Windows 3.x waren noch antiquierte 16-Bit Betriebssysteme, die mit ihrem mickerigen Adressraum zukünftig nur noch "Mickey-Maus-Computer" unterstützen konnten.

Wer sich nun also mit einem 32-Bit Betriebssystem für die neue Gattung der x86 Personal Computer durchsetzen konnte und die Marktführerschaft erringen, dem war diese Dominanz nicht mehr zu nehmen. Und IBM hatte alle Voraussetzungen und die riesige Chance, damit die Scharte von Anfang der 80er Jahre wieder auszuwetzen.

Denn innerhalb IBMs gab es viele gute 32-Bit Betriebssysteme und so viel Knowhow zur Betriebssystem-Entwicklung, wie mit Abstand in keiner anderen Firma des Planeten. Ich selber war damals als Abteilungsleiter an der Entwicklung des Großrechner-Betriebsystems MVS beteiligt und hatte einige Kontakte zur OS/2 Fraktion.

Genau, OS/2 - denn damit hatte IBM schon das perfekte 32-Bit PC-Betriebssystem, das spätestens mit OS/2 3.0 genannt "Warp" ein rundum gelungenes Produkt und technisch um Welten besser, als das erst später erscheinende, noch voller technischer Krücken steckende Windows 95 war.

Schon 1996 war es aber mit OS/2 faktisch zu Ende, Windows 1995 dominierte alles und IBM stellte seine Versuche ein, damit Marktanteile zu gewinnen. Sie können an andere Stelle die vielen Fehler nachlesen, die da gemacht wurden und die sich im Nachgang teilweise als absurd darstellen.

So konnte sich IBM zum Beispiel nie dafür entscheiden, das Betriebssystem wirklich für die Massen, also auch für Spieler und Kids anzubieten, weil die "Blauhemden-Manager" dazu schlicht keinen Zugang hatten. Die Folge war, dass wichtige Unterstützung für populäre Anwendungen der Zeit fehlte, die teilweise noch auf 16-Bit fussten.

Sie können diese vielen Details des Durcheinanders und der teilweise lächerlichen Fehlentscheidungen woanders nachlesen, die -> Wikipedia hat hier <- eine ganz brauchbare Zusammenfassung dafür:

... Eines der größten Probleme war, dass IBM nun versuchen musste, das Betriebssystem selber zu vermarkten. Als ein typisches Großunternehmen vermarktete IBM seine Produkte zu einem großen Teil an andere Unternehmen und wusste so im B2B-Bereich zu bestehen. IBM hatte jedoch keinerlei Erfahrung damit, Produkte an Endanwender zu verkaufen, und beging dadurch zahlreiche große Fehler ....

... Mit OS/2 Warp versuchte sich IBM an einer neuen Marketingkampagne. Schon zuvor nutzte das Unternehmen intern Begriffe aus dem Star-Trek-Universum als Codenamen und so wollte IBM das Betriebssystem mithilfe von Darstellern aus der Serie offiziell veröffentlichen. Jedoch vergaß das Unternehmen dabei, sich die notwendigen Rechte von Paramount Pictures zu sichern. Paramount drohte mit einer Klage und so musste IBM die geplante Werbekampagne fallen lassen....

... Als IBM bemerkte, dass erste Entwickler Spiele für das Betriebssystem entwickelten und diese eine große Resonanz entwickelten, fasste das Unternehmen den Beschluss, Warp für jugendliche Computerfreaks zu bewerben. Damit stand IBM jedoch im Konflikt zu den bisherigen Kunden des Betriebssystems, die größtenteils Unternehmen waren und ganz andere Anforderungen an das Betriebssystem stellten. Dazu kamen die vor allem in den USA ausgestrahlten und von allen Seiten stark kritisierten Werbevideos, die die Stärken des Betriebssystems überhaupt nicht darstellten, dazu zählte etwa ein Werbevideo, das Nonnen in einem tschechischen Kloster zeigt ...

Ich habe das frustrierende Chaos damals hautnah erlebt, weil ich damals Kontakt zum damaligen OS/2 Chef Richard Seibt hatte, an dem das Scheitern wirklich nicht gelegen hat, sondern an den übergeordneten Strukturen.

Warum ich Ihnen das hier aber erzähle ist, weil die ganzen Fehlentscheidungen in meinen Augen gar nicht ursächlich für das Scheitern waren. Diese Fehlentscheidungen waren nur Symptome des wahren Metaproblems und wenn es diese Fehlentscheidungen nicht gegeben hätte, wären andere gemacht worden.

Das Metaproblem war schlicht, dass IBM von seiner Organisation, seiner Kultur und seinen Menschen her, unfähig war, diese neue Welt zu verstehen, die sich da entwickelte.

Überall sassen ergraute Manager, fraglos immens fähig, wenn es darum ging, Firmen eine perfekte und "state-of-the-art" Infrastruktur hinzustellen, die aber völlig blind dafür waren, wie sie von der kleinen wuseligen Welt der PCs und ganz neuen Marketing-Methoden überrannt wurden.

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Gnadenlos

Die Sommerferien im Blog sind vorbei, der Normalmodus ist soeben mit einem umfangreichen Wochenausblick im Premium-Bereich wieder losgegangen.

Ich habe mich gefreut, dass einige Neueinsteiger mein Angebot angenommen haben, den August zum Einlesen zu nutzen, damit sie nun "bereit" für ein hoch spannendes und profitables Jahresende sind.

Denn die kommenden 4 Monate werden extrem bewegt und anstrengend werden, das normale Jahresende, kombiniert mit einer richtungsweisen US-Wahl und den Besonderheiten der Pandemie, werden für jede Menge Bewegung und Spannung an den Märkten und darüber hinaus sorgen.

Es wird in Zukunft auch ein paar Änderungen geben, die die Einstiegshürde für Neueinsteiger in den Premium-Bereich bewusst erhöhen, da ich gar kein Interesse an einer zu schnell steigenden Mitgliederzahl habe, um die Qualität der Community weiter hoch zu halten. Darüber schreibe ich dann voraussichtlich in einer Woche. Wer den August jetzt schon genutzt hat, hat es also richtig gemacht.

Der US Markt war im August gnadenlos und schmolz wie ein Strich langsam nach oben:

Das ist ein Umstand, den man für einen August nicht unbedingt erwarten kann, der aber in Wahljahren nicht völlig untypisch ist. In solchen Jahren gibt es öfter einen starken August, dafür aber einen temporären Einbruch im September/Oktober vor der Wahl.

-> Hier bei Equity.Clock <- können Sie den typischen statistischen Verlauf von Wahljahren im Vergleich sehen:

Nun ist 2020 fraglos kein normales Wahljahr, die Effekte des Virus und der beispiellose Stimulus überlagern alles, aber zumindest ist ein starker August in Wahljahren eben nicht ungewöhnlich.

Mit dieser besonderen Lage, mit diesem gnadenlosen Strich nach oben, kann man auf drei Arten versuchen umzugehen.

Erstens könnte man sich auf "Bewertungsfragen" stürzen und leicht argumentieren, dass viele Aktien in diesem Markt ja "überbewertet" seien.

Sie wissen was ich davon halte, da bleibt nur Augenverdrehen und wer so versuchen will den Markt zu timen, kann das gerne tun, aber ohne meinen Segen.

Denn eine "Bewertung" ist immer etwas Relatives und was bei einem Leitzins von 5% vielleicht im Vergleich zu Anleihen hoch bewertet ist, ist es bei absehbar 5 Jahren mit Nullzins eben nicht. Das zu vergleichen sind Äpfel und Birnen.

Ich habe das in unzähligen Artikeln thematisiert, so zuletzt auch in -> Warum steigen und fallen Kurse eigentlich <-. Die Bewertung von Aktien ist Ausdruck der *Zukunfts-Erwartungen* des Marktes und die können zu jedem Zeitpunkt zu optimistisch, aber auch zu pessimistisch sein - auch heute. Und erst hinterher ist man klüger.

Zweitens kann man taktisch an den Markt herangehen und dann sieht man die lange, pausenlose Aufwärtsbewegung, sieht aber auch Saisonalitäten wie im Chart oben und erkennt den Bullenmarkt, erwartet aber auch bald eine Konsolidierung.

Das ist eine legitime Herangehensweise, die durchaus Sinn macht. Man bleibt also dabei, wird nun aber ein wenig vorsichtiger und erwartet kurzfristig auch mal eine Konsolidierung oder Entladung.

Und dann gibt es Drittens noch eine ganz andere, langfristige Sichtweise, die sich mit den Liquiditätsströmen und dem historisch einmaligen Vorgehen der Notenbanken befasst.

Denn was wir hier erleben, wird zunehmend zu einer verdeckten Implementierung einer Form von "Modern Monetary Theory (MMT)", kurz gesagt alle Schleusen wurden geöffnet, werden auf Jahre - wenn überhaupt je wieder - nicht geschlossen und treiben die Preise aller Anlagegüter massiv.

Wenn das so ist, dann sind wir noch lange nicht in der Phase angekommen, in der jeder versteht, dass der einzige Schutz gegen Entwertung die Flucht in echte, fungible Sachwerte ist. Dann steigen Aktien oder Gold noch lange weiter, weil der Druck unter dem Kessel immer höher wird und wenn der nur einen engen Ausgang hat, dann pfeift der Kessel eben!

Und Vergleichsbewertungen zu den Zeiten einer normalen Geldpolitik sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind!

Sie erkennen leicht an meinen Worten, dass ich kurzfristig auf ein paar Wochen durchaus mit Zweitens sympathisieren kann, langfristig aber von einer sich beschleunigenden "Katastrophen-Hausse" wie in Drittens ausgehe.

Sicher kommt dann irgendwann das dicke Ende, aber vorher steigt der Druck im Kessel massiv und mit ihm die Kurse. Und wer aus Angst vor dem dicken Ende dann nicht dabei ist, wird einen doppelten, fatalen Fehler machen. Denn irgendwann wird auch der Letzte verstehen, dass die Orte zum Schutz von Vermögen immer begrenzter werden, bis dann der Kipppunkt erreicht ist, hinter dem es sowieso keinerlei Sicherheiten mehr gibt, auch nicht Gold, weil auch das konfisziert und verboten werden kann.

Lange Rede kurzer Sinn, dieser starke Markt spricht für weitere Stärke, auch wenn kurzfristig eine Verschnaufpause/Entladung kein Wunder wäre. Bewertungsfragen sind aber in einer Katastrophenhausse völlig irrelevant und nach dem *großen Reset* - wann immer der kommt, aber sicher nicht heute oder morgen - gehen sowieso alle Bewertungsfragen auf "LOS" zurück.

Ich will ihnen das was passiert anhand eines reinen US ETFs zeigen, dem Kursverlauf des ARK Innovation ETF (ARKK), dessen -> Holdings sie hier finden <-.

DIe Covid-Krise hat viele Entwicklungen, die noch Jahre langsam gelaufen wären, nun immens vorgezogen und beschleunigt. Und der Markt spiegelt das wieder, für den Sicherheit mit Zukunftspotential gleichbedeutend geworden ist.

Innovation geht immer, Zukunft gibt Sicherheit im Umbruch, nicht vergangene Meriten vergehender Industrien.

Natürlich ist bei diesem Chart auch ein Stück spekulative Übertreibung dabei, aber eben nicht nur, der wahre Kern ist vorhanden:

Machen Sie sich klar, dass diese hier fraglos vorhandene Spekulation und Übertreibung eher das Sahnehäubchen ist und nicht der Kern der Sache.

Denn wenn sie durch die Holdings des ARKK gehen, dann finden sie viele richtig starke, zukunftsträchtige Geschäftsmodelle, die *völlig zurecht* nun stark hochgekauft werden und rein gar nichts mit den Luftblasen des Jahres 2000 zu tun haben. Nur ob da nun etwas zu viel übertriebene Spekulations-Sahne oben auf den Kursen ist, das ist eine sehr berechtigte Frage, ich gehe auch eher davon aus, eine Korrektur erscheint fällig.

Der Markt preist also eine neue Wirklichkeit ein, eine Zukunft nach Covid mit Notenbanken, die nie mehr vom Gaspedal gehen.

Die FED hat nun sogar einen Nullzins für 5 Jahre angekündigt:
-> Fed Seen Holding Rates at Zero for Five Years in New Policy <-

Der Zins kehrt also nicht mehr wieder, wie ich schon vor Jahren angekündigt habe und ohne ihn bleibt nur ein Weg für Anlagekapital, die Flucht in fungibles Produktivvermögen. Genau das passiert gerade und es gibt keine Indikation dafür, dass es gerade jetzt enden muss.

Ich wünsche einen guten Start in den September!

Ihr Michael Schulte (Hari)

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Wirecard und wir im Spiegel



Puh. Jetzt hat doch wirklich jeder, sozusagen auch mein Opa seelig, seinen Senf zu Wirecard abgeliefert. Endlich beruhigt sich diese mediale Welle langsam, da kommt dieser blöde Hari daher und fängt nochmal damit an. 😛

Ganz genau, das mache ich mit Absicht so, auch der zeitliche Abstand ist gewollt. Sie sollen ruhig vom ganzen Meinungs-Schwall schon überrollt worden sein, dann können wir jetzt mal zu den Dingen kommen, die man daraus wirklich lernen kann. Denn - ich greife vor - zu viel "Meinung" ist hier genau das Problem und wenn sie das Problem nicht erkennen, wird es ihnen früher oder später wieder passieren.

Dieser Meinungs-Schwall hat natürlich mit allen möglichen Motivationen zu tun, Selbstrechtfertigung ist dabei, Schuldigensuche auch und grundsätzlich alles was die Seele beruhigt. Viel zu selten ist aber leider der ehrliche Blick in den Spiegel beteiligt, denn nur der kann verhindern, dass man die gleiche Dummheit noch einmal macht. Die derzeit oft zu beobachtende Selbstrechtfertigung und Delegation der Eigenverantwortung auf Schuldige behindert diesen Erkenntnisprozess dagegen nur.

Und da hinterher jeder gut Schwätzen und kluge Sprüche klopfen kann - hinterher gibt es dann plötzlich Millionen an "Warnern" und "schon immer gewusst Habern" - schreibe ich ihnen heute nur, was ich belegbar den Mitgliedern der Community zum Thema schon lange vorher gesagt habe. Und leite daraus wichtige Lehrsätze ab.

Los gehts:

Am 07. Februar 2019 habe ich den Mitgliedern im Hari Live Stream um 16:50 MEZ wie folgt geschrieben:

Sie haben vielleicht bemerkt, dass ich seit dem letzten Einschlag 2016 nichts mehr zu Wirecard (WDI) schreibe und ich auch jetzt das Geschehen nicht kommentiere.

Dahinter ist eine Philosophie und das will ich nun kurz erläutern.

Man kann es auf den kurzen Nenner bringen: Wirecard ist mir seit 2016 suspekt und das ist *keine* Wertung des Unternehmens, sondern Folge der damit verbundenen Unsicherheit, die ich mir im Depot nicht antun will.

Ich sage ausdrücklich, ich habe keine Ahnung ob an den Vorwürfen was dran ist oder nicht. Ich würde diese weder pauschal abtun, noch einfach so ernst nehmen.

Der Punkt ist ganz simpel, eine Aktie die ein derart undurchsichtiges Geschäftsmodell hat, das solche Einbrüche nach Attacken von Short Sellern überhaupt möglich macht, gehört nicht in mein Investmentdepot. Und auch als Trade ist sie ungeeignet, wenn man mit 20% Overnight-Gaps rechnen muss.

Der Punkt ist doch - und den Schuh muss sich Wirecard anziehen - wäre das Geschäftsmodell durchsichtiger und nicht so verschachtelt, würde der Markt so Attacken doch gähnend abtun, weil er sich seiner Sache sicher ist. Und verschachtelte Firmenkonstrukte habe ich noch nie gemocht, diese haben meistens ein Grund, der selten mit Transparenz zu tun hat.

Wirecard ist so angreifbar, weil sie so verschachtelt und undurchsichtig sind. Und das Management hat seit 2016 nichts daran geändert. Das sagt nichts über die Wahrheit der Vorwürfe aus, aber muss ich mir das im Depot antun? Meine Antwort ist klar: Nein.

Und sich an der Spekulation zu beteiligen und Position zu beziehen, ist da sowieso Unsinn, wir sind alle nur kleine Goldfische im Haifischbecken.

"Wo Rauch ist, da ist auch Feuer" heisst es als Bauernregel. Vielleicht ist Wirecard die Ausnahme wo der Rauch ohne Feuer ist. Kann gut sein. Ich habe aber keine Lust es mit meinem Geld heraus zu finden und das Aktienuniversum ist groß genug - auch ohne Wirecard.

Das ist meine Denkstruktur.

Damit haben wir einen ersten und wichtigen Lehrsatz.

Denn die Frage, ob man da wissen konnte was man nun weiss, ist völlig irrelevant! Nein, konnte man da 2019 natürlich nicht wissen, konnte man bei Enron vorher auch nicht. Aber man wusste da schon genug, dass es keinerlei Grund gab ein Unternehmen mit derartigen Fragezeichen im Depot zu haben. Das ist der Punkt!

Kein Mensch braucht so ein Unternehmen im Depot. Man verpasst auch nichts, weil es gibt 100 andere Unternehmen ohne so einen Rucksack an Problemen, die auch voller Zukunftschancen sind. Selbst wenn eine Wirecard vor der Aufnahme in den DAX stark steigt verpasst man nichts, denn andere Unternehmen steigen auch stark.

Weiter habe ich am gleichen Tag dazu um 17:05 MEZ geschrieben:

Übrigens, passend zu obigen Worten hier die meistgelesenen Nachrichten bei Finanznachrichten.de.

Fast überall nur Wirecard, jeder sabbelt was dazu. Praktisch jeder Kleinanleger ist nun also gerade hoch aktiviert und hofft auf ein "Schnäppchen".

Ich frage Sie, macht es wirklich Sinn sich daran zu beteiligen? Warum sollten wir einen Edge haben? Schauen wir doch besser dahin, wo diese Massen gerade *nicht* hinschauen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Alle reden über etwas, zu dem sie keinen EInblick haben, dafür aber ganz fest gefügte "Meinungen".

Daraus folgt ein weiterer Lehrsatz. Wir wollen doch alle so gerne "Querdenker" und "Durchblicker" sein, dann müssen wir uns vom Denken der Herde aber lösen.

Wenn praktisch jedes Medium eine Nachricht nach der anderen zu einer Aktie ausspuckt und alle mehr oder weniger das Gleiche denken, dann denkt eben niemand mehr!

Dann kam die Bafin mit dem Leerverkaufsverbot in den Markt und während ganz viele das im Frankfurter Umfeld begrüsst haben, habe ich das damals am 18.02.19. in einem eigenen Artikel sofort kritisch kommentiert - nur ein kurzer Auszug, der Artikel war lang und detailliert:

Zweitens macht sich die Bafin mit dieser Maßnahme in meinen Augen ungewollt selber zur Partei. Sie beklagt brutale, spekulative Swings und erzeugt mit ihrem Verbot genau so einen Swing, weil nun ein Short-Squeeze einsetzt.

Und Partei wird sie indirekt, weil sie damit faktisch das Management von Wirecard stützt, das selber Aktionär ist. Und wer trägt die Verantwortung für diese Aktion, wenn an den Vorwürfen doch was dran ist? Ist sich die Bafin so sicher, dass das alles nur Schall und Rauch bei den Vorwürfen ist?

Daraus folgt ein weiterer Lehsatz: Überall sitzen nur fehlbare Menschen. Sie können ihre eigene Anlageentscheidung nirgendwo hin delegieren, nicht an die Deutsche Börse, nicht an Anlegerschützer, nicht an Fondsmanager großer Banken und auch nicht an die Bafin! Und schon gar nicht an wichtigtuerische Foristen, die viel Meinung verbreiten und sich als "Bilanzspezialisten" gerieren.

Weswegen wir wieder zur ersten Lehre kommen und dass man den Rauch als Anleger scheuen sollte, weil da zu oft auch Feuer ist.

Dann habe ich wieder zu Wirecard geschwiegen, weil interessiert hat mich die Aktie gar nicht. Es gab in 2019 so viel internationale Topwerte und so viel zu verdienen, wer brauchte da Wirecard? Niemand.

Aber am Morgen des 29.04.20 als dieser "KPMG Prüfbericht" kam, da hat es mich zerrissen, da konnte ich nicht mehr an mich halten, da musste ich mein Schweigen brechen und habe deutlichste Worte gefunden, unter anderem diese:

Das ist das absurde Ergebnis, das Wirecard reinwaschen sollte. Es tut mir leid, da bleibt nach all den Jahren wohl nur festzuhalten, dass das Wirecard Management eine Laienspieler-Truppe sein muss, oder die Vorwürfe wohl berechtigt sind. Dazwischen fällt mir persönlich nichts mehr ein.

Oder mit anderen, drastischeren Worten: Verarschen kann ich mich alleine, da brauche ich den Braun nicht dafür..

Vorher war ich an der Aktie nicht interessiert, hatte aber keine Meinung zu den Vorwürfen. Jetzt hat das Management bei mir seine Glaubwürdigkeit *restlos* verloren.

Es ist bei uns weiter vor allem der klassische, kleine Retail-Anleger, der an Wirecard interessiert ist und sich in Foren die Finger wund schreibt, obwohl seine "Meinung" was bei Wirecard los ist, völlig irrelevant und substanzlos ist.

Deutlicher geht es wohl nicht, oder? Und ich frage sie nun, was genau "konnte man nicht wissen"?

Man konnte mehr als genug wissen, um sich von so Aktien generell fernzuhalten und seine Zeit *nicht* mit viel irrelevanter Meinung zu vergeuden!

Das ist die entscheidende Lehre. Es geht nicht darum was man wissen konnte, es geht auch nicht um Schuldige und Klagen. Und wer jetzt immer noch mit viel Meinung unterwegs ist, nur die Themen verlagert hat, hat rein gar nichts gelernt und ist dazu verdammt, so etwas wieder zu durchleben.

Bedenken sie auch, dass ich selber Vorstandschef einer AG war, das Zusammenspiel mit Wirtschaftsprüfern also kenne und weiss, wie so etwas abläuft. Und ich kann Bilanzen tatsächlich lesen und kenne auch ihre Schwächen und schwammigen Stellen sehr gut. Und ich bin trotzdem nie der Meinung gewesen zu wissen, was bei Wirecard wahr oder falsch ist, denn ich weiss eben, was ich *nicht* weiss und kann Risiken einschätzen. Aber jede Menge Anleger ohne jede Erfahrung in diesen Dingen haben sich eine Meinung zu Wirecard eingebildet und akzeptieren selbst heute das Problem nicht, das sie im Spiegel anstarrt.

Wer wirklich etwas aus dem Vorgang lernen will, für den geht es primär um die Frage, warum man sich *trotz aller Warnsignale* hat in diesen Meinungssog ziehen lassen. Und das obwohl das Ding schon einen mehr als deutlichen Geruch ausgeströmt hat, ich habe ihn ja auch riechen können.

Das ist die Frage, die man mit dem eigenen Spiegel ausmachen muss, wenn man so etwas nicht noch einmal erleben will. Schuldigensuche lenkt nur von diesem Kern ab, pflegt kurzfristig das wackelige Ego, verhindert aber den Lerneffekt.

Die Kunst ist also nicht die "richtige Meinung" zu haben, die Kunst ist *keine* Meinung zu haben, wo man keinerlei Einblick hat! Und die Kunst ist, das zu erkennen!

Es geht also um die Kunst zu wissen was man nicht weiss und Risiken zu respektieren. Das ist die Kunst die Depots schützt!

Ihr Michael Schulte (Hari)

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Thors Kurshammer



Manche glauben immer noch, dass fundamentale Daten der Vergangenheit maßgeblich für die Kursentwicklung in der Gegenwart seien.

Manche bilden sich immer noch ein, aus simplen fundamentalen Kennziffern der Vergangenheit attraktive Investitionsgelegenheiten selektieren zu können, weil alle anderen Marktteilnehmer einfach zu doof sind das "Schnäppchen" zu erkennen, das nur diese "Anlagehelden" aufgrund Ihrer Weisheit zwischen Abendbrot und Tagesschau identifizieren konnten.

Und Manche glauben immer noch, dass der Markt irgendwann diese "Wahrheit" auch entdecken *muss*, die Sie in Ihrem unermesslichen Ratschluss zwischen Abendbrot und Tagesschau erkannt haben wollen. Und glauben weiter, dass Sie nur ruhig darauf warten müssen, dass der Markt das auch erkennt.

Das ist leider Unsinn, weil es verkennt wie Kurse gemacht werden, ich habe das erst vor ein paar Wochen -> hier <- und -> hier <- beschrieben.

Ich will Ihnen daher heute als Ergänzung der obigen Thematik am Beispiel zeigen, wie der Markt in der Zukunft der nächsten Monate lebt und von Erwartungen geprägt ist. Und wie diese Erwartungen sich in Investment-Hypothesen bündeln, die dann Milliarden in Gang setzen, bis sie entweder genügend eingepreist sind, oder durch neue Erkenntnisse außer Kraft gesetzt werden.

Und ich kann ihnen das am Beispiel eines Volltreffers zeigen, den wir in der Community schon früh erkannt und auf den wir aus dem März-Tief heraus aufgesattelt haben. Und ich zeige Ihnen damit auch eine weniger bekannte Aktie, die aber durchaus für langfristiges Interesse geeignet ist.

Es ist Thor Industries (THO), der -> Weltmarktführer für Freizeitfahrzeuge <-, zu dem seit letzten Herbst auch der Marktführer in Deutschland -> Hymer <-, gehört, eine Firma von der wohl fast jeder schon mal gehört hat.

Das Besondere an Thor Industries ist, dass diese absehbar ein Profiteur der Covid-Krise waren und sind, denn auf Monate, im schlimmsten Fall noch auf Jahre, wird man nur mit Skepsis in enge Flugzeuge und überfüllte Züge steigen und auch Hotels meiden, in denen man sich beim Buffet duch Menschenmassen quetschen muss.

Das wird diese Formen von Urlaub weiter belasten, es ist in Covid-Zeiten einfach ideal individuell zu reisen und sein Ferienhaus "mitzuschleppen", weil es dann praktisch keine Ansteckungsgefahren gibt. Die neue Konzentration auf "Urlaub in der Heimat" wird also Anbietern von Freitzeitfahrzeugen absehbar zu einem Boom verhelfen.

Und davon abgesehen steht diesen Fahrzeugen sowieso eine riesige Zukunft bevor, sobald voll-autonomes Fahren mal Realität wird. Denn dann verreist man nicht mehr im "Auto" im Fahrersitz, sondern im Kabinenroller, der gleichzeitig Büro und Lebensraum ist und genau das ist die Kernkompetenz dieser Hersteller.

Aber diese ferne Zukunft soll heute nicht Thema sein, dafür aber, wie der Markt die kurzfristige Zukunft der nächsten Monate erkannt hat:

In Phase (1) war Thor einfach in einem gesunden Aufwärtstrend, weil die Geschäftszahlen nach oben zeigten.

In Phase (2) kam das Virus und die Gedanken des Marktes waren ausschliesslich auf wegbrechende Aufträge und damit auf die kommende Absatzkrise gerichtet. Nichts anderes hatte der Markt da auf dem Radar.

Dann aber in Phase (3) haben Marktteilnehmer erkannt, dass Thor eher zu den Profiteuren gehören wird, weil sobald die Krise sich abschwächt, eine landesinterne Reise mit dem eigenen Caravan weit eher und sicherer möglich sein wird, als ein Flug oder ein Hotelaufenthalt. Und dieser Erkenntnisse haben wir da auch gehabt, wir waren Teil deren, die in dieser Phase 2+2 zusammengezählt haben.

In Folge sind die Kurse stark gestiegen und liegen jetzt schon weit über den Hochs von Februar.
Thors Kurshammer ist niedergegangen und innerhalb von gut 2 Monaten hat sich ein Marktführer in der Krise verdreifacht!

Nun entstehen Kurse natürlich immer aus der Überlagerung vieler Faktoren und die allgemeine Marktentwicklung hat natürlich wesentlichen Anteil an diesem Verlauf. Aber die Überperformance aus dem Tief heraus, die Tatsache dass Thor schon weit auf neuen Hochs ist, die hat mit den sehr positiven Erwartungen zu tun, dass Thor zu den Profiteuren der Nach-Covid-Zeit gehören wird.

Und glauben sie ernsthaft, dass die Absatzzahlen bei Thor nun im Mai dreimal so hoch waren wie im März? Und immer noch doppelt so hoch wie letzten September?

Unsinn! Es sind alleine die Erwartungen, die diese Kurse machen. Erwartungen an den Markt im Allgemeinen und Thor im Speziellen. Und wenn diese Erwartungen sich bewahrheiten sollten, werden die Kurse auch nicht mehr zurückkommen und keinen billigeren Einstieg mehr gewähren.

It´s the expectation stupid! Der Markt hat Bilder der Zukunft von Unternehmen im Kopf und danach werden Kurse gemacht, nicht nach den Daten der Vergangenheit. Das war schon immer so und wird auch immer so sein, man muss es nur verstehen!

Fundamentale Daten können diese Erwartungen beeinflussen, sie dominieren sie aber nicht. Wer es nicht glaubt, dem kann ich immer nur wieder Amazon zeigen, die sind seit 20 Jahren vermeintlich "zu teuer", wenn man mit verfehlten Methoden an Aktien herangeht. Aber seit 20 Jahren hat der Markt mit seinen Erwartungen bei Amazon immer recht behalten, das Unternehmen ist in die Bewertung hineingewachsen.

Aber zurück zu Thor. In dem Moment, in dem der Markt die Chance verstanden hat, die Thor nun aus der Krise erwächst, haben die Kurse auch schon zu laufen begonnen. Die realen guten Umsatzdaten werden dann nachgeliefert und nur wenn diese dann nicht kommen, wenn die Annahme sich also als falsch herausstellen sollte, wird diese Rally auch wieder negiert werden.

Sie können diesen Mechanimus bei vielen Aktien in der Krise so nachvollziehen, Thor habe ich nur deshalb herausgehoben, weil der Effekt dort besonders sichtbar ist, eine Verdreifacher bei einem Marktführer in 2 Monaten nicht alltäglich ist und die Aktie sowieso mehr Bekanntheit verdient hat.

Ihr Michael Schulte (Hari)

Was zu tun war und nun zu tun ist


Vor einem guten Monat, am 20. April diesen Jahres, habe ich ihnen hier im freien Bereich einen Artikel geschrieben, auf den ich zu Beginn zurückschauen möchte.

Er hiess -> Vom ewigen V und vom Stockpicking <- und seine Kernaussage war, dass man schon damals zugreifen konnte, weil Aktien- und Sektorpicking das Entscheidende in dieser sich sehr selektiv auswirkenden Krise ist! Festgemacht hatte ich das damals am Vergleich der starken Charts von ABT und AMZN gegenüber den schwer getroffenen BA und CCL.

In dem Artikel hatte ich mit Bezug auf das andauernde Weltuntergangsgerede der Crashpropheten auch geschrieben:

Aber dieser Moment ist Spekulation und nicht zwingend heute, weswegen auch die Perma-Bären und Crash-Propheten wohl wieder Unrecht haben werden, die seit 10 Jahren einen Crash vorhersagen aus Gründen, die auch jetzt wieder nicht maßgeblich sind. Das hindert sie natürlich nicht, den aktuellen Crash für sich zu deklamieren, auch wenn Ende 2019 natürlich niemand dieses Szenario auf dem Radar für 2020 hatte. Aber Haupsache irgendein Crash, damit man "Recht gehabt" rufen kann und die gläubigen Jünger werden auch dem folgen - passt doch. 😉

Und genau das haben wir erlebt, medial bekannte "Talking Heads" haben sich nicht entblödet, sich mit der Vorhersage des Crash zu brüsten. Und allgemeine Vorhersagen zu einem Crash irgendwann - aus ganz anderen Gründen und typischerweise mit der Geldpolitik der EZB und der Eurozone verknüpft - taugen nur für schlichte Gemüter als Testimonial.

Besonders witzig ist in dem Zusammenhang, dass wenn man mal die absehbaren Kollateralschäden in der Zukunft ignoriert, der massive Stimulus von Notenbanken und Staaten ja tatsächlich einen schweren Crash verhindert hat. Wäre hier ein nicht-expansiver Ansatz wie in den 30er Jahren gefahren worden, als der Goldstandard in abgewandelter Form nach der Konferenz von Genua 1922 noch galt, würden wir gerade in die große Weltwirtschaftskrise schliddern, die vor 100 Jahren dann unter anderem den Braunauer Gröfaz hervorgebracht hat. Theoretisch kann die auch noch kommen wenn einiges schlecht läuft, aber zunächst wurde sie verhindert.

Man sieht daran wieder, wie das Geschäftsmodell dieser Leute funktioniert und ich kann ihnen nur raten: Halten Sie ihr Depot davon fern!

Ich selber habe 2019 wie der Rest der Welt von einem Corona-Vírus nicht die leiseste Ahnung gehabt, war aber im Januar schon durch die Nachrichten aus China aktiviert und mir der Gefahr bewusst, war im Februar extrem vorsichtig und irritiert, dass die Märkte das Virus noch ignorieren - siehe meine Dissonanz - und bin dann mit dem Blog am 21./24.02.20 sofort in die Defensive gegangen und kaufe seit Ende März scheibchenweise Qualität zu, wie ich ihnen das ja auch hier im freien Bereich nahegelegt habe.

Ich habe also keine sowieso nicht existente Glaskugel bemüht, sondern einfach konsequent *reagiert*.

Und das Ergebnis ist, dass das Depot schon wieder deulich im Grünen ist und den Einbruch mehr als voll aufgeholt hat und 2019 war trotzdem ein ausgezeichnetes Jahr mit hohen zweistelligen Prozent-Gewinnen - im Gegensatz zu den Permabaeren, zu denen ich jetzt kein weiteres Wort mehr verlieren will.

Aber genau darüber wie das möglich war, will ich nun mit ihnen sprechen, denn in dem Artikel stand am 20.04.20 sehr deutlich:

Und deshalb sollten wir erkennen, dass die Indizes oder breiten ETFs in dieser Krise sekundär sind, denn die bilden den grauen Schnitt ab. Stockpicking zählt in dieser Krise, denn das Virus ist in seinen Auswirkungen extrem selektiv!

Mit Aktien wie ABT oder AMZN mussten wir auch gar nicht darüber grübeln, ob die Ansteckungszahlen wieder steigen und die Märkte nun doch erneut nach unten abknicken, ober ob die Märkte das nun erreichte Niveau stabilisieren können.

Es spielt schlicht keine Rolle, wenn wir die richtigen Aktien haben!

Das war Mitte April und wir haben nun viele Topwerte, die mittlerweile auf oder nahe der Allzeithochs stehen und das war absehbar, weil es klare Profiteure der Krise sind.

Besonders die mittelgroßen Software-Aktien schiessen dabei neben dem Healthcare & Biotech-Sektor den Vogel ab. Hier sind mit Docusign (DOCU) und Everbridge (EVBG) zwei schöne Beispiele, beide wurden bei uns im Blog intensiv begleitet, bei beiden gibt es sehr gute Gründe *warum* diese so erfolgreich sind. Von einem Covid-Crash ist da schlicht nichts zu sehen:

Aber auch bei ganzen Sektoren kann ich ihnen diese Spreizung eindrucksvoll zeigen, vergleichen Sie mal den US ETF XBI der den Biotech-Sektor abbildet zum US ETF XLI, der die Industriewerte abbildet:

Ein beeindruckender Unterschied oder? Runter ist im allgemeinen Ausverkauf der ETFs alles gegangen, dann hat der Markt das Stock- und Sektorpicking begonnen und differenziert.

Das war, was zu tun war, der Job kluger Anleger war zu differenzieren, was vom Virus profitiert und was nicht.

Und damit komme ich zu dem, was nun zu tun ist.

Wir wissen nicht, ob wir beim Virus im Herbst/Winter eine zweite Welle erleben werden. Wir kennen die Zukunft nicht und es nützt auch nichts diese erraten zu wollen. Jeder der uns nun mit der Bugwelle der Pseudosicherheit erzählen will, dass das Virus dieses oder jenes sei und eine zweite Welle nicht mehr kommen oder alternativ ganz schlimm werden wird, ist für mich eher ein Scharlatan mit Agenda, der nur selektiv Informationen aufnimmt und weitergibt. Solche "Prognosen" helfen uns nicht weiter, sie befriedigen nur das Bedürfnis nach vermeintlich einfachen Antworten, die aber von der Realität schnell enttarnt werden.

Denn objektiv besteht weiter erhebliche Unsicherheit, auch in der Wissenschaftsgemeinde und viele Auswirkungen werden nun erst langsam öffentlich bekannt, so zum Beispiel auch dass das Virus zu guten Teilen eine -> schwere Gefäßerkrankung <- ist.

Wir müssen das aber auch gar nicht wissen, denn wir wissen jetzt schon genug um sinnvolle Anlage-Entscheidungen zu treffen:

Erstens wissen wir, dass das Virus im Verlauf von 1-2 Jahren wahrscheinlich endgültig beherrscht werden wird, sei es mit Impfungen oder sei es mit Medikamenten. Es ist *nicht* der große Weltkiller, wenn auch keineswegs nur eine normale Influenza sondern weit tödlicher.

Zweitens wissen wir, dass wir den größten Stimulus der Weltgeschichte erleben, der koordiniert von Notenbanken und Staaten über uns ausgegossen wird und wenn sie den Artikel -> Warum steigen (und fallen) Kurse eigentlich <- aufmerksam gelesen haben, dann wissen sie, dass Kurse wegen eines Nachfrageüberhangs steigen und der kann auch von schierer Liquidität ausgelöst werden.

Drittens wissen wir, dass das Virus viele Umbrüche massiv beschleunigt, innerhalb eines Jahres wird verändert, was sonst 3 oder 5 Jahre gedauert hätte. Und das Virus bereinigt auch, es verdrängt alte Geschäftsmodelle und verschafft neuen Modellen den Durchbruch, die oben geannnte DOCU ist so ein Beispiel mit ihrer elektronischen Signatur.

Und das sind die einfachen, aber entscheidenden drei Punkte.

Wegen Erstens und Zweitens dürfen wir bei aller berechtigten Vorsicht vor einer zweiten Welle keinesfalls zu bärisch sei, die Welt steht eher vor einem Wachstumsschub, denn einer schweren Depression!

Stellen sie sich doch mal das zur 2. Welle umgedrehte Extremszenario vor, stellen sie sich vor das Virus verschwindet nun, die Wirtschaft läuft wieder an und das mit der historisch unvergleichlichen Geldschwemme im Rücken. Ich sage ihnen was dann passiert: S&P500 4.000! Und auch das ist ein Risiko und zwar für alle, die nun zu zögerlich sind!

Es wäre deswegen auch völlig falsch gewesen mit dem Wiedereinstieg zu warten, weil vielleicht eine zweite Welle kommt, denn genau das war ja sinnloses Raten, man legt sich so auf ein Szenario fest und wenn das nicht eintritt, hat man die anlagetechnische A****karte gezogen. So geht intelligente Geldanlage *nicht*!

Richtig war mit dem Markt mit hoch zu gehen und selektiv und Stück für Stück Qualität wieder aufzubauen, von unten aber langsam Absicherungen nachzuschieben, für den Fall dass die zweite Welle doch kommen sollte.

Richtig ist also weiterhin ein abgesicherter Optimismus und nicht das Warten auf eine zweite Welle, die vielleicht kommt, vielleicht aber eben auch nicht!

Und wegen Drittens muss uns das Virus auch gar nicht mehr interessieren, wenn wir auf die richtigen Aktien und Sektoren setzen, die mit ihren Geschäftsmodellen Zukunft atmen. Denn mit Covid gewinnt alles was:

  • Online abgewickelt werden kann
  • Die IT herstellt, die für Online benötigt wird (Cloud etc)
  • Reisen individuell ohne Aufenthalt in Massenverkehrsmitteln oder Massen-Hotels organisiert
  • An modernsten Wirkstoffen und Verfahren forscht
  • Die Medizintechnik und das Laborequipment für diese Forschung herstellt
  • Von den absehbaren, riesigen Stimulusprogrammen der Staaten profitiert
  • usw und so fort

Diese Gedanken müssen sie jetzt weiter denken. Das ist nun zu tun! Diese Gedanken waren seit Ende März richtig und sind bestimmt auch noch über den Sommer richtig!

Machen Sie sich klar, dass das Virus die Wirtschaft in einem Sprung einige Jahre in die Zukunft katapultiert, weil es schon bestehende Entwicklungen kurzschliesst und beschleunigt. Das Virus ist für die Welt letztlich ein Innovationsprogramm, weil die Umstände Innovation erzwingen, das war schon in allen Krisen so.

Und Anleger die in der Lage sind diesen Wandel zu erkennen und darauf zu setzen, statt tote Anlagepferde weiter zu reiten, nur weil diese eine lange Historie besitzen, haben durch das Virus auch jetzt immer noch immense Chancen vor sich!

Und jetzt denken Sie mal nach und identifizieren die Marktführer dieser Sektoren, dann haben sie gute Kandidaten für ihr Depot. Oder stossen sie zu unserer Community dazu, denn wir tun genau das und haben auch viele Firmen im Fokus mit positiven Sekundäreffekten von Covid. So verbergen sich zum Beispiel hinter dem "individuellen Reisen ohne Massenverkehrsmittel" auch ganz konkrete Überlegungen, die der Markt auch schon hat, weil die Kurse dort schon deutlich anspringen.

Also, die Gefahr einer zweiten Welle ist keineswegs gebannt, aber es macht keinen Sinn auf sie zu warten, weder im April noch jetzt. Stattdessen sind kluge Anleger selektiv optimistisch und sichern sich für den Fall des Falles nach unten ab.

Wenn man so agiert, braucht man kein Herumraten und muss auch nicht hinterher deklamieren, was man vorher alles gewusst haben will. Kluges Beobachten und Reagieren mit ruhiger Hand genügt dagegen, man muss es nur tun und da stehen wir Menschen uns oft selber im Weg.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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11 Wahrheiten der Krise

Eine Krise bringt die Wahrheit an den Tag, das ist eine alte Weisheit, die wir auch in diesen Monaten wieder erleben dürfen.

Vielen von uns wird es in den letzten Wochen so gegangen sein, dass wir manch öffentliche Person plötzlich aus einem ganz anderen Blickwinkel erlebt haben, als wir ihn bisher kannten.

Auch politische Frontlinien wurden viele Wochen lang durcheinander gewirbelt und individuelle ethische Grundüberzeugungen wurden viel wichtiger als Maßgabe für das eigene Handeln, erst in den letzten Wochen haben sich die politischen Lager dann wieder die Diskussionshoheit erkämpft.

Auch im privaten Umfeld hat bei vielen die Krise die Wahrheit ans Licht gebracht. Wir wissen nun viel eher, wer zuverlässig ist und wer nur an sich denkt. Wir wissen nun wer hilfsbereit und wer rücksichtslos ist. Wir wissen wer emphatisch und wer nur eine selbstverliebte Egobombe ist. Und wir wissen wer rational und wissenschaftlich denkt, die Komplexität und das teilweise Nichtwissen akzeptierend und wer lieber den Aluhut aufsetzt, weil er dringend einfache Antworten in einer zu komplexen Welt braucht.

Aber gerade auch bei der Geldanlage hat die Krise ein paar Wahrheiten wieder ans Tageslicht gebracht und Fehlentwicklungen sowie Lebenslügen enttarnt, was auch kein Wunder ist, viele Anleger sind nun im Markt, die erst nach 2009 dazu gekommen sind und ergo nie eine echte Krise erlebt haben.

Lassen Sie mich daher mal zusammenfassen, welche 11 Wahrheiten diese Krise bisher wieder besonders herausgearbeitet hat:

Erstens, es gibt kein absolute Sicherheit am Markt, jede Aktie, egal wie stabil in der Vergangenheit, kann bei der für sie "richtigen" Krise in existenzielle Nöte geraten.

Zweitens, zu erstens passend, stures Buy&Hold ist eine Lüge. Ruhiges Investieren ist richtig, es braucht aber immer den "Check", das Risikomanagement bei extremen Veränderungen. Auch Buffett hat das nun vollzogen und alle Fluglinien mit Verlust rausgehauen und den Kauf als Fehler bezeichnet. Ruhiges Buy&Hold&Check ist in Ordnung, blindes Buy&Hold ohne Check eine Lüge. Das gilt auch für Sektoren und damit Sektoren-ETFs, siehe Buffetts Entscheidung zu Airlines generell.

Drittens, eine Aktie die massiv gefallen ist und keine Lebenszeichen sendet, ist nicht "billig", sondern ein Pleitekandidat, mit dem man *alles* verlieren kann. Das kann man mit Sektoren-ETFs abmildern, aber auch nicht ganz ausschliessen, wenn ein ganzer Sektor ins Trudeln kommt.

Viertens, es ist gar nicht so schwierig einem schweren Einschlag wie Ende Februar aus dem Weg zu gehen, man muss es nur tun und die Technik dafür beherrschen. Wenn eine Vase von der Tischkante kippt, erkennen wir das Risiko auch sofort und sind in der Lage schnell zu handeln, dieser Absturz war nicht viel anders.

Fünftens, Risikomanagement ist in schweren Krisen Pflicht, wer nichts getan hat und jetzt wo die Kurse schon wieder ein gutes Stück hochgekommen sind denkt, dass doch alles nicht so schlimm gewesen sei, hat überhaupt nicht begriffen, dass ihn nicht die eigenen Fahigkeiten, sondern nur das pure Glück des historisch einmaligen Stimulus von Notenbanken und Staaten gerettet haben. Um es in aller Deutlichkeit zu sagen, ohne die einmalige Geldschwemme von Staaten und Notenbanken, wären wir nun in einer schweren Depression, es gäbe reihenweise Pleiten, Firmen würden wie Dominosteine kippen und die Kurse wären 60-70% von den Hochs gefallen!

Sechtens, nach dem Absturz wieder in den Markt zu kommen ist schwieriger als rauszukommen, weil man ohne Glaskugel nie den perfekten Boden erwischt. Man sollte es auch gar nicht versuchen, sondern den Vorteil des vermiedenen Absturzes mitnehmen und in Scheibchen schön stufenweise wieder aufbauen. Denn unser Job als Investoren ist vor allem investiert zu sein, den schweren Krisen aber zumindest teilweise aus dem Weg zu gehen.

Siebtens, es ist Liquidität und der daraus entstehende Anlagedruck der Märkte bewegt, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt müssen Märkte steigen, egal wie die fundamentalen Daten aussehen. Denn der Markt ist *nicht* die Ökonomie, er war es nie und wird es nie sein.

Achtens, Dividenden waren nie, sind nicht und werden nie der neue Zins sein. Dividenden sind nichts weiter als der Sekundäreffekt von hohem Cashflow und guten Gewinnen. Nur gute, dauerhaft wachsende Firmen, können auch dauerhaft wachsende Dividenden ausschütten. Konzentrieren Sie sich also nicht auf die Dividendenhöhe, sondern darauf beständig wachsende Unternehmen zu finden! Ob diese dann eine Dividende zahlen ist nett und lobenswert, aber am Ende sekundär, siehe Amazon und viele Topaktien ohne relevante Dividende.

Neuntens, Kurse entstehen aus Erwartung, beim Markt im Zeithorizont von Monaten bis zu ca. einem Jahr. Es ist also Zukunft die an den Börsen gehandelt wird und nur Aktien mit guter Zukunft werden in Krisen auch relative Stärke und Stabilität zeigen. Alte Kennzahlen, Dividenden, Meriten der letzten Jahrzehnte, das hat in einer neuen Krise alles keine Relevanz, wenn es an Zukunft fehlt. Eine aussichtsreiche Zukunft und absehbares Wachstum stabilisiert Kurse, keine Lorbeeren der Vergangenheit!

Zehntens, Krisen sind wunderbare Zeiträume um zu lernen, Fehler zu erkennen und sich als Anleger weiterzuentwickeln. In Krisen können wir wachsen, aber nicht jeder schafft es das Wachstum zuzulassen. Denn Beharren, Sturheit, das Ego und irrationale Ängste sind unsere Feinde dabei, der Wahrheit ins Auge zu schauen, das Problem im Spiegel zu identifizieren und für uns Schlüsse zu ziehen. So ist jeder Anleger in dieser Krise seines eigenen Glückes Schmied und nicht die Umstände, denn auch diesen Crash von März hätte man so oder so durchleben können, der Unterschied liegt in uns und nicht in bösen Mächten.

Elftens, das Auf und Ab gehört zu den Märkten wie der Morgen zum Abend und das Yin zum Yang. Ohne den Abend würde es keinen Morgen geben und ohne den Crash keine Jahre der steigenden Kurse. Rein aus Anlegersicht, die mit unserer Sicht als Bürger nicht deckungsgleich sein muss, sollten wir diesen Crash des März also begrüssen und ihn für unsere Depots umarmen. Er ist wie ein frischer Gewitterguss nach einem drückend-schwülen Sommertag und der historisch einmalige Stimulus lässt "befürchten", dass uns wieder lange Hitzeperioden an den Börsen bevorstehen werden.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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Vom ewigen V und vom Stockpicking


Es gibt mittlierweile eine halbe Anlegergeneration, nämlich alle die seit 2009 in den Markt gekommen sind, die Börsenkrisen nur noch so kennen, dass jedweder Einbruch sofort in Form eines "V" wieder aufgeholt wird.

Kein Wunder dass es bei denen viele Stimmen gibt, die Risikomanagement für völlig nutzlos halten, weil sie kennen halt nichts anderes und haben nie erlebt wie es ist, sich wie 2000-2003 drei Jahre lang durch einen langen Bärenmarkt zu quälen, einen langen, langen Tunnel bei dem jedes Licht immer nur die Scheinwerfer des entgegenkommenden Güterzuges sind.

Dass sich das so geändert hat, hat natürlich einen offensichtlichen Grund und das sind die immer aggressiveren Stimulus-Maßnahmen von Staaten und Notenbanken, die nun ein historisch absolut einmaliges Ausmaß erreicht haben - es wird eigentlich nur noch über Billionen und nicht mal mehr von Milliarden gesprochen.

Irgendwann wird dieser Mechanismus sich überdehnt haben und alle die auf das "Rettungs-V" warten, werden ihr ganz grausames, anlagetechnisches Armageddon erleben. Ein Hauch dieses Gefühls war ja im März schon in der Luft, aber nach 30-40% Verlust drehte der Markt dann doch wieder nach oben - noch einmal gutgegangen. 😉

Aber dieser Moment ist Spekulation und nicht zwingend heute, weswegen auch die Perma-Bären und Crash-Propheten wohl wieder Unrecht haben werden, die seit 10 Jahren einen Crash vorhersagen aus Gründen, die auch jetzt wieder nicht maßgeblich sind. Das hindert sie natürlich nicht, den aktuellen Crash für sich zu deklamieren, auch wenn Ende 2019 natürlich niemand dieses Szenario auf dem Radar für 2020 hatte. Aber Haupsache irgendein Crash, damit man "Recht gehabt" rufen kann und die gläubigen Jünger werden auch dem folgen - passt doch. 😉

Noch haben Notenbanken und Staaten aber ein paar Drehungen in ihren Schrauben drin und können nachlegen, ein Umstand von dem ich wie Sie wissen für die nächste Krise sowieso fest ausgegangen war.

Und bevor diese permanente Steigerung der "Rettungsversuche" gegen die Decke prallt, wird es sicher noch Helikoptergeld und massenweise Aktienkäufe der Notenbanken auf breiter Front geben. Solange wir das noch nicht gesehen haben und auch noch keine breiten Schuldenschnitte, sind die "Powers that be" eher nicht am Ende ihrer Möglichkeiten angekommen.

Wir haben also auf der einen Seite eine Krise die so gewaltig und einmalig ist, dass diese ohne diesen massiven Stimulus locker für eine längere, schwere Depression gut wäre.

Wir haben auf der anderen Seite aber den nach historischen Maßstäben gewaltigsten Stimulus von Staaten und Notenbanken, den dieser Planet in der Neuzeit je gesehen hat.

Das ist wie die zwei Sumo-Ringer *Depression* gegen *Mega-Stimulus* im Clinch und es gibt keine historischen Vergleichsmaßstäbe, wer da den Sieg davontragen wird.

Faktum ist, dass der Markt mit dem Rebound nun der positiven Verlaufs-Erwartung folgt und nur dieser. Der Markt geht also davon aus, dass uns nun ein "New-Normal" bevorsteht, in dem das Wirtschafts-Leben weitergeht, zwar gedämpft aber doch in vielen Bereich nahezu normal - bis es dann eine Impfung gibt.

Das ist optimistisch, aber ist aktuell das dominierende Mantra, ähnlich wie Anfang Februar das Mantra war, dass das Virus eine rein chinesische Angelegenheit sei. So ein Mantra kann sich eben später durchaus als falsch herausstellen, Ray Dalio wird beispielsweise nun sicher peinlich sein, wie er Anfang Februar das Virus kleingeredet hat.

Hier der SPY als Abbild des Leitindex S&P500:

Es kann aber auch sein, dass sich das aktuelle Mantra als richtig herausstellt und sich von hier die Infektions- und Todeszahlen trotz Erleichterungen stabilisieren. Wenn das so sein sollte, ist der Markt auch dem aktuellen Niveau sinnvoll bewertet, weil man ja den Stimulus nicht vergessen darf. Wenn das so ist, werden wir die Tiefs vom 23.03. also nicht mehr wiedersehen.

Sollte diese Annahme sich aber als falsch herausstellen, wird es noch einmal brutal nach unten gehen und es ist alleine der Verlauf der Infektionen, der dabei der wesentliche Katalysator ist, weil dann alle Erleichterungen zurückgedreht werden müssen und dann kommt die richtige wirtschaftliche Depression erst.

Nun könnte man ja sagen, das sei ja völlig unberechenbar und dann könne man ja gar nichts machen. Aber diese Aussage ist selbst auf Basis der Indizes falsch. Denn der Rebound war Ende März sehr wohl zu erkennen und man konnte ihn mitnehmen - gezielt, selektiv, scheibchenweise - und nun ein mittleres Exposure im Depot haben, das dem Risiko angemessen ist.

Es gibt aber noch einen ganz anderen Effekt und das ist die Tatsache, dass uns die Indizes hier sowieso nur begrenzt weiterhelfen. Denn der Markt selektiert sehr wohl und das ganz massiv. Und solange nicht die ganze Welt in eine Depression abrutscht, sind die Firmen auch höchst unterschiedlich getroffen.

Schauen Sie hier Boeing (BA) oder Carnival Corp (CCL), Flugzeuge und Schiffsreisen. Für beide ist die Lage ein Desaster und die Aktien sind weiter toxisch, bei beiden stehen theoretisch Staatshilfen zum Überleben im Raum, die die Alt-Aktionäre dann schwer treffen würden:

Kein "V" weit und breit, oder?

Und nun schauen Sie hier Abbott Labs (ABT) und Amazon (AMZN), zwei Aktien die bei uns zum Investment-Universum gehören:

Das ist kein "V" mehr, das ist ein Raketenstart!

Man kann fast nicht glauben, dass alle 4 Aktien Bluechips des gleichen Index sind, aber so ist es!

Das sind zwei Seiten der gleiche Medaille des Marktes, die in den Indizes dann zu dem aktuellen Rebound führt.

Und deshalb sollten wir erkennen, dass die Indizes oder breiten ETFs in dieser Krise sekundär sind, denn die bilden den grauen Schnitt ab. Stockpicking zählt in dieser Krise, denn das Virus ist in seinen Auswirkungen extrem selektiv!

Mit Aktien wie ABT oder AMZN mussten wir auch gar nicht darüber grübeln, ob die Ansteckungszahlen wieder steigen und die Märkte nun doch erneut nach unten abknicken, ober ob die Märkte das nun erreichte Niveau stabilisieren können.

Es spielt schlicht keine Rolle, wenn wir die richtigen Aktien haben!

Und die immense Chance die dieser Crash mit seiner Unsicherheit generiert hat, ist in den Charts von Aktien wie ABT und AMZN auch perfekt zu sehen.

In der Panikphase Anfang März hat der Markt alles rausgehauen, weil breite ETFs und Fonds einfach alles abgestossen haben. Damit wurde aber auch Top-Qualität grundlos rausgeworfen und wer Ende Februar die Reissleine gezogen hat und dann scheibchenweise diese Qualität eingesammelt hat, kann sich nun nicht beklagen und hat ein großes Alpha zum Markt generiert!

Konzentrieren Sie sich also auf die richtigen Aktien und Sektoren, achten Sie auf die Charts, die haben diese Botschaften durchaus wie oben.

Kaufen Sie Stärke und glauben Sie nicht das "billige" Gurken schnell wieder steigen. Denken Sie mal ernsthaft darüber nach, wie lange es dauern wird, bis beispielsweise Touristik und Luftfahrt wieder in den Normalbetrieb können. Denn das wird erst nach einer Impfung, also wohl erst 2021 sein.

Aber andere Aktien und Sektoren sind kaum betroffen und es ist unser Job als Anleger uns darauf zu konzentrieren. Ob eine Aktie ein "Aristokrat" war oder irgend eine andere schöne, Sicherheit vorgaukelnde Vergangenheits-Schablone besass, spielt dabei keine Rolle, das ist alles Marketing.

Eine Aktie ohne Zukunft ist nicht investierbar, egal wie ihre Vergangenheit war. Und dieses Virus wird in der Welt einiges verändern.

So einfach ist das. Börse bewertet Zukunft, nur darum geht es an den Märkten und Vergangenheit ist kalter Kaffee. Und "past performance is not indicative of future results", wie auch diese Krise wieder eindrucksvoll bei vielen Aktien beweist.

Zum Abschluß will ich den 96-jährigen -> -> Charlie Munger <-<- in einem aktuellen Interview zitieren:

“Nobody in America’s ever seen anything else like this,” said Mr. Munger. “This thing is different. Everybody talks as if they know what’s going to happen, and nobody knows what’s going to happen.”

Halten Sie sich also von allen fern, die Ihnen nun eine "Sicherheit" verkaufen wollen, die gar nicht existiert.

Ihr Michael Schulte (Hari)

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Von Maß und Mitte

Heute will ich mal abseits von konkreten Kursen ein grundsätzliches Problem beleuchten, das wir uns gerade mit den diversen Notmaßnahmen, insbesondere der Notenbanken und Staaten einhandeln.

Frau Merkel hat ja im Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Krise von "Maß und Mitte" gesprochen, die wir in der Krise finden sollten. Eine Aussage die konkret für die epidemiologischen Fragen eher deplatziert erscheint, denn wenn man eine Pandemie eindämmen will, ist "Maß und Mitte" am Thema vorbei, dann geht es eher um "be fast and have no regrets" wie es WHO Director Michael Ryan -> hier <- beschrieben hat.

Wenn es aber um staatliche Rettungs-Billionen geht, ist "Maß und Mitte" wirklich eine sinnvolle Grundhaltung, leider läuft es weltweit nun eher umgedreht.

Bei den epidemiologischen Maßnahmen wurde eher zu lange gezögert und nun gibt es - nach nicht mal einer Woche Lockdown - schon wieder wildes mediales Geschnatter vom Ende des Lockdowns, das derzeit verfrüht und deplatziert ist, da alle gemeldeten Neuinfektionen heute, sich in der Regel noch *vor* dem Lockdown angesteckt haben.

Bei den fiskalischen Maßnahmen aber, schmeisst man derzeit mit "Rettungsbillionen" um sich und wirft jegliche Form von fiskalischer Disziplin über den Haufen, weil die Krise die Gegner in der Argumentation schwächt. Eine Lage frischen Schnees an "Rettungsmaßnahmen" legt sich über die Länder und die Frage ist berechtigt, ob diese tatsächlich notwendig sind.

Es scheint dabei jedes Gefühl für "Maß und Mitte" abhanden gekommen zu sein und an vielen Stellen scheint die Notlage einfach nur als Einfallstor und Hebel zu dienen, um alte poltische Wunschvorstellungen nun durchzudrücken, so zum Beispiel bei der Transferunion und den Eurobonds.

Versuchen wir uns der Sache doch mal rational und nicht ideologisch zu nähern und betrachten die Frage, ob diese massiven Maßnahmen nun wirklich notwendig sind.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir nun noch monatelang in einer Art Lockdown leben müssen, dann würde ich diese Maßnahmen im Kern auch unterstützen, auch wenn wir selbst dann viele unsinnige Mitnahme- und Kollateraleffekte erleben werden. Aber es macht Sinn, dann den totalen Zusammenbruch der vernetzten Wirtschaft zu verhindern und es macht keinen Sinn, gesunde Unternehmen nur wegen kurzfristiger Liquiditäts-Engpässe Pleite gehen zu lassen. Grunsätzlich hat dieser Ansatz also durchaus meine Unterstützung, solange eben "Maß und Mitte" gewahrt bleiben und die Gesellschaftsordnung nicht gleich mit der "Rettung" mit ausgekehrt wird.

Und es gibt sowieso viele kleine Unternehmer, Selbstständige, Künstler und so weiter, die bei längerem Lockdown ohne Verschulden in ein Liquiditätsloch fallen werden und dass man diesen ermöglicht unbürokratische Notkredite aufzunehmen, ist nicht zu kritisieren und völlig richtig. Ein Notkredit ist ja auch kein Geschenk, er hilft einfach über eine unverschuldete Krisenphase hinweg. Bis hierhin unterstütze ich den Rettungsansatz im Notfall ausdrücklich!

Nur beginnt die Politik ja aber schon ziemlich eindeutig von einer Teil-Auflösung des Lockdowns nach Ostern zu sprechen, insbesondere für die Jüngeren, weil "das Land das nicht aushalte".

Da ist durchaus etwas dran, ich kann die Logik nachvollziehen, weil irgendwann tatsächlich die negativen Folgen des Lockdowns größer sind, als die Folgen des Virus selber. Für eine Zeit von 3 Wochen wäre das falsch, diese Zeit kann eine gesunde Volkswirtschaft im Lockdown definitiv durchstehen, bei 3 Monaten hätte ich aber auch meine Zweifel.

Das Dumme und Ärgerliche ist aber, dass wenn man wirklich nach 3 Wochen wieder "aufmacht", viele der fiskalischen Nothilfen *nicht nötig sind* und sogar *kontraproduktiv* sind!

Denn sagen wir es mal deutlich, zeitlich begrenzte Krisen gehören zur Wirtschaft und sind gesund, weil sie wie eine Gesundheitspolizei die schwächsten Unternehmen aussortieren und daher danach wieder mehr Freiraum für die Gesunden schaffen. Die wirtschaftlichen "Zombies" werden dahin überführt, wo sie hingehören - in die Holzkiste, auch Insolvenz genannt und das ist volkswirtschaftlich genau richtig so!

Ein Unternehmen aber, das derzeit so schwach auf der Brust ist, dass es nicht einmal 3 Wochen aus den eigenen Reserven und Banklinien überleben kann, hat meiner Meinung nach *eine Rettung nicht verdient*.

Diese Aussage gilt auch ausdrücklich für die Gesellschafter und Manager, die zu dieser Schwäche des Unternehmens potentiell beigetragen haben, in dem Gewinne zu schnell privatisiert wurden und nicht als Notreserve im Unternehmen belassen wurden, weswegen eine Sozialisierung der Pleite auch nun höchst unfair für den Rest der Gesellschaft wäre.

Insofern habe ich nun doch ein Problem mit den Rettungsbillionen, die so freizügig gestreut werden. Entweder fahren wir nun einen konsequenten Lockdown, der sich primär nach epidemiologischen Vorgaben richtet und durchaus lange dauern kann, dann bin ich prinzipiell *für* einen selektiven Rettungsansatz. Oder wir stellen die Wirtschaft in den Vordergrund, gehen schon nach 3 Wochen wieder in Richtung Normalmodus und dann sehe ich keinen Grund Steuergelder für Firmen zu verbrauchen, die ein Überleben nicht verdient haben.

Ich habe ehrlich großen Zweifel, ob wir die Interventionisten und "Retter" wieder loswerden, die die Krise nun auf den Plan gerufen hat. Dass zu einer gesunden Wirtschaft auch ein gesunder Ausleseprozeß gehört, hat keine Lobby in Politik und Bevölkerung, der Reflex ist immer, schon längst überflüssig gewordene "Zombies" mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung noch durchzuschleppen, nicht verstehend, dass man damit viel mehr neue Arbeitsplätze an anderen Stellen torpediert und die Zombies am Ende doch Pleite gehen, nachdem man Steuermilliarden da versenkt hat.

Wie schnell solch unsinniger Mißbrauch aufkommt, können wir zum Beispiel bewundern, wenn beispielsweise ein hoch liquider Weltkonzern wie Adidas - ermöglicht durch das -> neue Covid-19-Abmilderungs-Gesetz <- - nun -> einfach für geschlossene Läden keine Miete mehr zahlt! <-

Adidas, die vergleichsweise in Liquidität schwimmen, bekommen also einen Hebel sich einen Vorteil zu ergattern und nutzen ihn sofort. Andere werden folgen, die es auch nicht nötig haben und sich unsolidarisch einfach einen Vorteil ergattern. Der Vermieter aber, der vielleicht wirtschaftlich viel schwächer als Adidas dasteht, hat dagegen den schwarzen Peter gezogen.

Adidas ist ein schönes Beispiel für die Negativeffekte von mit heisser Nadel gestrikten "Notfall-Gesetzen". Das kann keiner gut finden und zeigt, dass die Rettungsarie schon Schlagseite hat.

Abgesehen davon sollten wir uns keiner Illusion hingeben, jemand wird die Rechnung für diese "Rettungen" nach der Krise präsentiert bekommen und ich kann Ihnen auch heute schon sagen wer das ist: nicht Adidas, der Profiteur, sondern die sogenannten "Reichen", womit präzise gesagt über 80% der Leser dieses Blogs gemeint sein dürften, weil der absurde, vom Bild einer wohlig-warm-miefig-gleichgerichteten "Volksgemeinsschaft" geprägte Reichenbegriff bei uns ja jeden umfasst, der sich erdreistet schon ein überdurchschnittliches Gehalt zu beziehen oder - Gott bewahre - unternehmerisch erfolgreich zu sein. Die vielen kleinen Leistungsträger der Gesellschaft werden also dafür blechen, Weltkonzerne die sich einen schlanken Fuß machen dagegen garantiert nicht!

Wer also gut gewirtschaftet hat und als Unternehmen Reserven gebildet hat, wird durch die "Rettungen" doppelt gestraft. In der Krise wird ihm der Vorteil gegenüber den verantwortungslosen Gesellen genommen, weil diese dank Hilfe trotzdem überleben können und der Markt nicht bereinigt wird. Nach der Krise wird es höhere Sondersteuern auch für die geben die keine Hilfe brauchten, weil man ja vermeintlich so von der "Rettung" profitiert hat.

Dass am Ende genau dieser Mechanismus einer Volkswirtschaft schadet, weil er Moral Hazards generiert und Fehlverhalten fördert, ist völlig klar, wird aber weder verstanden noch will es jemand hören.

Erneut, damit es da keine Missverständnisse gibt, ich bin ja nicht gegen liquiditätssichernde Notmaßnahmen, man darf aber in der "Rettungswut" auch nicht über das Ziel hinaus schiessen.

Aber auch im Grösseren sehen wir diese Mechanismen, wenn wir -> von der Aggressivität des italienischen Premiers <- lesen, der nun vermutlich die große Chance sieht, eine Vergemeinschaftung der Schulden via Eurobonds durchzusetzen.

Die Krise ist dabei nach meiner Einschätzung nur ein Mittel, das mit großer moralischer Inbrunst für den eigenen Vorteil genutzt werden soll, denn Italien hat ja derzeit gar kein Problem Schulden für die Krise aufzunehmen, die EZB und die EU haben schon längst alle Schleusen und Begrenzungen geöffnet. Aber mit den Folgen höherer Zinsen sollte man dann auch leben, so wie es sich gehört, zumal diese durch die Aufkaufprogramme der EZB doch sowieso schon weit unter den realen Marktzins gedrückt werden.

Was hier versucht wird ist für mich verwerflich und hat mit der Krise nichts zu tun. Auch hier haben wir die Parallelität zum obigen Thema des Moral Hazards, wer als Staat bisher solide gewirtschaftet hat, hat am Ende den Nachteil davon und soll dem Schuldensünder sein bisheriges Verhalten finanzieren, weil der "gerettet" werden muss. In dem Zusammenhang erinnere ich wieder daran, dass das statistische Vermögen von Italienern höher als von Deutschen liegt, ein Umstand der gerne verschwiegen wird und auch der Umverteilung im Euro geschuldet ist - ich habe darüber in der Vergangenheit schon öfter geschrieben.

Jetzt höre ich gleich die Stimmen, die an die "Solidarität mit Italien" appellieren, was aber beim Thema Eurobonds völlig am Thema vorbei ist.

Mangelnde Solidarität haben wir in Europa tatsächlich und ich empfinde es als eine Schande. Das ist aber die konkrete Solidarität bei Masken, bei Schutzanzügen, bei Atemgeräten, bei übernommenen Patienten und auch bei Hilfsgeldern die direkt ins Gesundheitssystem gehen.

Hier fehlte es zuletzt deutlich an Solidarität, wo sind denn die Lastwagen-Kolonnen gewesen, die nach Norditalien Hilfsmaterial aus Österreich, Deutschland, Dänemark, Polen etc transportiert haben? Ich habe keine gesehen und das ist etwas, worüber der italienische Premier tatsächlich wütend sein darf, das wäre echte Solidarität gewesen. In der Krise ist sich scheinbar jeder selber der Nächste und kein Mensch braucht so ein Europa, das sobald es eng wird, gleich wieder nur an sich selber denkt.

Das darf man kritisieren, das muss man kritisieren, mit dem Wunsch individuell gemachte Schulden zu vergemeinschaften, hat das alles aber rein gar nichts zu tun und macht auch keinen Patienten gesund, der nun in der Intensivmedizin um jeden Atemzug ringt.

Das Virus nun als Hebel zu benutzen um Widerstände zu beseitigen, ist politisch geschickt, aber ebenso zerstörerisch für die europäische Solidarität, wie absurde Auslieferungsstops für Masken in befreundete Nachbarländer.

Machen wir es doch mal konkret und wischen diese ganzen Girlanden weg, die gerne zur Vernebelung des Kerns benutzt werden.

Stellen Sie sich vor, Sie haben in Ihrem Wohnhaus in der Krise einen Nachbarn, mit dem Sie solidarisch sein wollen. Der Nachbar ist selbstständig, hat weniger Geld als Sie und wird durch die Krise so schwer getroffen, dass er Probleme hat sich nun notwendige Medikamente, Desinfektionsmittel und so weiter zu kaufen.

Wenn Sie dem nun die Tür zuknallen, sind Sie ein unsolidarischer Holzklotz und sollten sich schämen! Die Solidarität gebietet es, dass Sie dem etwas von ihren gebunkerten Desinfektionsmittel abgeben und ihm auch an anderer Stelle unter die Arme greifen. Daran gibt es keinen Zweifel, wer das nicht tut, handelt egoistisch und unsozial.

Nun machen Sie das aber, der Nachbar erdreistet sich aber trotzdem an Ihre Tür zu bollern und Sie mit moralischem Unterton laut aufzufordern, nun mitzukommen und bei seiner Bank für seine Schulden zu bürgen, weil wir ja in der Krise alle im gleichen Boot sitzen würden. Hallo?

Was würden Sie tun? Ihm die Tür zuknallen und vielleicht die Polizei rufen und richtig so!

Wer Schulden für Ausgabenprogramme und Versprechungen an Wähler macht, muss auch später für die Konsequenzen gerade stehen und kann diese nicht an Dritte abladen. Es muss immer eine Einheit der Verantwortung geben.

Wer dieses Grundprinzip schleifen will, zerstört langfristig unser Wirtschaftssystem und unseren Wohlstand und ersetzt es durch eine Kleptokratie, in der der Stärkste, Lauteste und Skrupeloseste die Macht hat. Auch eine Pandemie kann dafür keine Ausrede sein!

Man kann also sehr wohl Eurobonds einführen, aber genau dann wenn man das italienische Staatswesen auflöst und einer Euro-Zentralregierung überantwortet. Dort ist dann die Entscheidung und die Verantwortung für die Folgen wieder in einer Hand, so wie es richtig ist. Dass aber italienische Politiker an Ihre Wahl-Klientel Versprechungen machen, deren Folgen deutsche Wähler dann mitzufinanzieren haben oder natürlich auch umgedreht, ist in jeder Hinsicht indiskutabel und verwerflich und hat mit der Corona-Krise absolut nichts zu tun!

Sie sehen, unerkannt von der Öffentlichkeit, die auf das Virus starrt, fehlt es der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Diskussion nun in meinen Augen zunehmend an "Maß und Mitte".

Davor bekomme ich zunehmend Sorge, die Geister die man rief, wird man dann nicht mehr los.

Ihr Michael Schulte (Hari)

Vom Boden



Es ist bei großen Krisen immer das Gleiche. Bei jeder kleinen Gegenbewegung sind sofort einige da, die einen Boden wittern und die Aktien nun für Schnäppchen halten. Bei 10% Minus, bei 20%, bei 30% und so weiter.

*Irgendwann* haben diese zu zappeligen und vorschnellen Käufer auch Recht, irgendwann entwickelt sich aus einem finalen Ausverkauf auch wirklich ein Boden, dumm ist nur, dass man das erst hinterher weiss und Kurse in schweren Krisen gerne tiefer fallen, als man sich zu Beginn vorstellen konnte.

Dabei ruhig zu bleiben und nicht zu schnell FOMO zu erliegen - der "Fear Of Missing Out" - hilft uns auch ein typischer Ablauf solcher Korrekturen, nennen wir es das "Standard-Modell". In dem Modell setzt nach einem massiven Ausverkauf eine starke Gegenbewegung ein, die typischerweise bis maximal zur Hälfte des Absturzes nach oben schiebt. Beim S&P500 würde das aktuell Potential bis etwa 2.800 begründen.

Danach entwickeln sich im Standardmodell neue Zweifel, lassen die Kurse erneut fallen, die Ausverkaufstiefs testen und im Idealfall drehen die Kurse dann vorher und dann ist der Boden da. Dann, nicht am Ende des ersten Ausverkaufs!

Weswegen es eben wenig Grund gibt, permant von FOMO getrieben in ein fallendes Messer hinein zu greifen, nur weil man meint, nun seien die Kurse weit genug gefallen.

Ja, erste Teilkäufe bei echten Qualitätsaktien können durchaus Rationalität haben, da man den exakten Boden sowieso nie trifft, macht ein scheibchenweiser Einstieg sowieso Sinn. Aber das wirkliche Einstiegssignal kommt eben nicht am Ende des ersten Absturzes, es kommt im Standard-Modell erst später danach.

Und auch klar ist, dass das Standardmodell nur in vielleicht 60-70% der Fälle richtig ist, Wert hat es trotzdem, sich daran zu erinnern.

Damit stellt sich vielen nun natürlich die Frage, wann dieser Zeitpunkt denn beim aktuellen Geschehen rund um Covid-19 gekommen ist?

Gerne werden dann eindimensionale Antworten gegeben oder man orientiert sich am eigenen Risikoempfinden, das aber sowieso nicht sychron mit dem Markt ist und daher ungeeignet.

Es wird nicht bis zum Ende der echten Krise dauern und auch nicht bis wir als Bürger aus dem Lockdown heraus dürfen, bis der Markt einen neuen Morgen riecht. Es genügt schon, dass ein Abflauen der Infektionen absehbar ist und der Markt wird mit neuem Zutrauen wieder steigen.

Und dabei kann uns nun der Lockdown immens helfen, der nun auch bei uns in Europa in Gang ist. Man kann nur hoffen, dass auch die US bald durchgreifende Maßnahmen beschliessen, denn erst ab dann besteht eine Chance, dass drei Wochen später die Fallzahlen zu fallen beginnen.

Gerne wird dann eindimensional argumentiert, dass ja diese Maßnahmen in der Wirtschaft viel mehr Schaden anrichten würden als das Virus. Das ist aber grundfalsch, denn die Wirtschaft kann mit planbaren Auszeiten gut umgehen, nicht aber mit monatelanger Unsicherheit. Eine 2-monatige Auszeit werden die meisten Firmen mit ihren Reserven überleben, ein unplanbares Chaos den Rest des Jahres dagegen nicht.

Ein Lockdown zieht auch den Moment der maximalen Unsicherheit nach vorne, genau das was wir gerade erleben. Wir sind dann persönlich betroffen und die Börsen rauchen ab, mehr gefühlte Krise geht gar nicht. Das Maximum der Angst ist aber auch gerne der Moment, an dem der Markt seine Tiefs auslotet.

Natürlich ist das Virus nach dem Lockdown nicht weg, das ist doch völlig klar und natürlich geht die Durchseuchung weiter, die entscheidende Frage ist aber ob chaotisch oder geordnet und der Umgang der Gesellschaft mit dem Problem ist nach dem Lockdown ein ganz anderer.

Es hat sich dann ein neuer "Modus Operandi" gefunden, wie das Leben mit verringerten Sozialkontakten weiter geht. Auch die Diskussionen um die Notwendigkeit der Maßnahmen sind weg. Kliniken und Firmen haben dann auch einen neuen Operationsmodus gefunden, der zwar wirtschaftlich gedämpft ist, aber das Leben weitergehen lässt.

Letztlich geht es darum, *jetzt* dem Monster der exponentiellen Entwicklung den Kopf abzuschlagen und damit ein handelbares Plateau zu erreichen, mit dem wir dann eben 1-2 Jahre leben müssen, bis Impfungen da sind.

Und genau das kann dieser Lockdown nun schaffen, je schneller er auch in den US kommt, desto besser.

Dass man dafür 2 unnötige Wochen noch gewartet hat und den Karneval noch hat laufen lassen, obwohl der Verlauf absehbar war, ist eigentlich unverzeihlich aber aus Sicht der Politik verständlich, wenn man sich selbst jetzt noch die Ignoranz von Teilen der Bevölkerung anschaut, was "Social Distancing" angeht.

In dem Zusammenhang empfehle ich uns allen mal -> dieses kurze Video von WHO Direktor Michael Ryan <- anzuschauen.

Was er mit "Be fast, have no regrets" als richtige Haltung in Krisensituationen beschreibt, entspricht dem was wir an der Börse "If panic, panic first" nennen und dessen Wahrheit im Absturz ja wieder bewiesen wurde.

Genau so ist es mit dem Containment dieses Virus, das genau dann perfekt gelingt und die ökonomischen Folgen minimiert, wenn man sofort konsequent agiert, wie es Taiwan beispielhaft getan hat und trotz der Nähe zu China nun kaum betroffen ist. Wer dagegen aus Angst vor wirtschaftlichen Folgen zu lange zögert, wird diese Folgen erst richtig schmerzhaft bekommen.

Wir werden nun also in Europa 2-3 Wochen stark steigende Fallzahlen erleben, die 2 wöchige Inkubationszeit plus die ca. 1 Woche die es braucht, bis der Zustand der schwer getroffenen Patienten sich dramatisch verschlechtert, werden ihre unerbittliche, mathematische Wirkung entfalten. Da ist schon Realität und unvermeidbar, das ist die Folge der Fehler die schon gemacht wurden.

Danach aber im April, besteht die Chance dass sich die Fallzahlen wie in China und Südkorea stabilisieren. Das alleine wird dem Markt schon immens gut tun und genau das ist der Punkt. Sobald dieser neue Modus Operandi gefunden ist, den China gerade im Begriff ist herauszufinden, wird der Markt vielleicht einen Boden finden können, denn das ist durchaus eine belastbare Grundlage.

Jeder weiss ja, dass das Problem sowieso vorbei ist, sobald Impfungen da sind und/oder die Durchseuchung der Bevölkerung hoch genug ist und damit ein Herdenschutz existiert. Wenn die Welt auf dem Weg dahin ein Plateau findet, geordnet mit immer wieder aufflammenden Neuansteckungen umzugehen, ist auch das eine belastbare Grundlage und der Markt wird schon steigen, weil er das Ende und die Impfungen schon vorweg nimmt.

Dann werden auch die massiven Liquiditätschübe der Notenbanken und die staatlichen Ausgabenprogramme ihre Wirkung entfalten. Die können zwar niemanden gesund machen und auch den Lockdown nicht verkürzen, aber den wirtschaftlichen Wiederaufstieg extrem beschleunigen und verstärken, weswegen Vergleiche mit dem langsamen Rebound nach der spanischen Grippe wohl falsch sind.

Heute, Montag früh, scheinen die massiven Maßnahmen der Notenbanken noch das Narrative der allgemeinen Panik zu bestätigen, ihre Wirkung werden sie trotzdem haben, nur verzögert, weil es erst Hoffnung an der Front der Infizierten braucht.

Heisst konkret für eine Bodenbildung:

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Von Konsequenz – Wann man verkaufen muss

Der folgende Grundlagen-Artikel erschien letzten November im Premium Bereich und wurde für den freien Bereich nur marginal bei Referenzen überarbeitet.

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Wir sprechen oft über Setups und richtige Einstiege, wir sprechend über Techniken wie Stops, mit denen wir unser Risikomanagement gestalten.

Aber wissen wir eigentlich wann wir verkaufen *müssen*, mit der Betonung auf *müssen*?

Und vor allem, ist uns klar, dass es dafür eine universelle Antwort gibt? Eine Antwort, gegen die wir andauernd verstossen und auch deswegen in unangenehme Situation geraten?

Eine universelle Antwort für alle Arten von Handelsgeschäften, von Intraday-Trades bis zu mehrjährigen Investments, kann natürlich nur generisch sein - ist aber trotzdem wichtig.

Diese Antwort ist sehr schlicht und einfach. Hier ist sie:

Grund des Einstiegs und Grund des Ausstiegs bilden eine logische Einheit, das eine folgt aus dem anderen.

Für Stops habe ich das Prinzip in einem Grundlagen-Artikel den Mitgliedern schon nahe gebracht:

-> Grundlagen der Stops III - Das Spiegelbild der Strategie <-

Darin heisst es:

Stop sind also immer das Spiegelbild der Strategie.

Wer keine Strategie und kein Setup hat, kann auch keine sinnvollen Stops haben!

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Denken Sie also daran, wenn Sie sich das nächste Mal den Kopf zermartern, wo Sie denn nun den Stop hinsetzen sollen. Denn wenn Sie diese Frage plagt, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass das nur ein Indiz für ein weit schwerer wiegendes Problem ist: fehlende oder mangelnde Strategie!

Sie lösen das Problem dann auch nicht, in dem Sie "irgendwohin" einen Stops setzen. Sie lösen es nur, in dem Sie sich klar darüber werden, warum Sie diese Position eingegangen sind, was Sie davon erwarten und wann diese Erwartungen sich eindeutig als unzutreffend heraus gestellt haben. Genau das nennt man ein Setup. Wer ein präzise definiertes Setup hat, hat auch einen logischen Stop.

Das Prinzip ist aber universell und auch ganz logisch, denn egal ob Sie Daytrader oder Investor sind, es gab ja einen Grund, warum Sie eine Position eingegangen sind, Sie haben damit eine Erwartung verbunden.

Und diese Erwartung hängt wiederum von Kriterien oder Geschehnissen ab, die entweder eintreffen oder eben nicht.

Ihr Trade oder Ihr Investment ist genau dann gescheitert, wenn diese Erwartungen sich als falsch heraus gestellt haben! Das ist der Moment, an dem man verkaufen *muss* und sich die Lage nicht mit Hopium schön reden darf.

Bei einem Daytrader, der vielleicht gerade den Schub nach einer wichtigen Nachricht spielt, ist es die Erwartung, dass die Nachricht zu einer direktionalen Bewegung führt. Diese Bewegung will er dann mitnehmen, bis sie dreht. Er *muss* verkaufen, wenn entweder der Schub nicht kommt oder der Schub ausläuft. Beide Bedingungen sind das Spiegelbild der Absicht, mit der der Trade eröffnet wurde.

Bei einem SwingTrader, der eine mehrwöchige Ausbruchsbewegung spielen will, ist es die Erwartung, dass die Bewegung nun nicht mehr unter das Ausbruchsniveau zurückfällt und nach oben Fahrt aufnimmt. Und deshalb *muss* er verkaufen, wenn das passiert, was nicht passieren darf.

Bei einem Positionstrader, der eine mehrmonatige Mean-Reversion einer verprügelten Aktie spielen will, liegt die Erwartung vor, dass die Aktie eine Bodenbildung abgeschlossen hat und die Tiefststände nicht mehr sehen wird. Deshalb *muss* er verkaufen, wenn die Aktie doch zu neuen Tiefs läuft.

Bei einem Investor, der eine Aktie wegen ihres stabilen Dividendenwachstums kauft, *muss* diese Position in Frage gestellt und nach einiger Zeit verkauft werden, wenn das Wachstum verschwindet und das Management von seinem stabilen Pfad abweicht und das Geld für sinnlose Projekte zu verschleudern beginnt.

Bei einem Investor, der eine Aktie wegen ihres herausragenden Managements und dessen Track-Records kauft und lange halten will, *muss* diese Position in Frage gestellt und nach einiger Zeit verkauft werden, wenn dieses Management unter dubiosen Umständen das Weite sucht oder es zu Machtkämpfen kommt, die das Unternehmen belasten.

Ich könnte mit beliebigen Beispielen weitermachen, das Prinzip ist universell. Die Absicht und die Erwartungen, mit denen man eine Position eröffnet, sind auch die Kriterien, wann diese Position zu schliessen ist.

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